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Mitja

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Höchststrafe im Fall Mitja: Richter: "Sie werden mit der Schuld leben müssen"

Gespannte Stille herrscht im größten Saal des Landgerichts Leipzig, als der Vorsitzende Richter das Urteil im Mitja-Prozess verliest: lebenslange Haft, besondere Schwere der Schuld, Sicherungsverwahrung - die höchstmögliche Strafe.

Nahezu regungslos und mit gesenktem Blick lässt Uwe K. das Urteil über sich ergehen. Einige der Zuhörer, unter ihnen die Tante des getöteten Neunjährigen - atmen hörbar auf. Uwe K. wirkt gefasst. Ruhiger als bei den Plädoyers, bei denen seine Augenlider nervös flackerten. Aufmerksam verfolgt der 43-Jährige die Ausführungen von Richter Jagenlauf: "Sie werden mit der Schuld leben müssen, die sie auf sich geladen haben."

Mehr als ein halbes Jahr nach der Ermordung des Jungen aus Leipzig ist der Fall juristisch zunächst beendet. Mit dem frühen Geständnis von Uwe K. sowie einer unstrittigen Beweislage blieb Mitjas Eltern ein aufreibender Indizienprozess erspart. "Darüber sind sie sehr froh", sagte deren Anwältin Ina Alexandra Tust. Unmittelbar nach dem Urteil informierte sie die beiden 50-Jährigen telefonisch. "Sie empfinden eine gewisse Genugtuung", berichtete Tust. "Es ist die härteste denkbare Strafe. Mehr geht nicht."

Entschuldigung für Unentschuldbares

Mitjas Eltern hatten die Konfrontation mit dem Mörder ihres Sohnes vor Gericht vermieden. Auch dem enormen Medieninteresse fühlten sie sich nicht gewachsen. Mitjas Mutter hatte Angst vor einem weiteren Nervenzusammenbruch. Unterstützung erfahren die Eltern von ihren sieben weiteren Kindern (18 bis 30 Jahre) und ihrer Kirchengemeinde.

Das letzte Wort von Uwe K. zeigt möglicherweise, dass er für die Folgen seiner Tat Verantwortung übernehmen möchte. Während er sein Geständnis zu Prozessbeginn noch von seinem Verteidiger Malte Heise verlesen lies, ergriff er am vergangenen Freitag erstmals persönlich das Wort: "Ich möchte mich entschuldigen, obwohl ich weiß, dass es keine Entschuldigung gibt. Ich werde den Weg, der mir auferlegt wird, gehen und auch bewältigen."

Anwalt sieht strittige Punkte im Urteil

Dies wird nach Auffassung seines Verteidigers, Malte Heise, noch ein weiter und mühseliger Weg. "Aber mein Mandant hat sich positiv entschieden, dies anzugehen." Das letzte Wort sei ein erster Schritt gewesen. Das Geständnis zu Beginn dagegen nannte Heise "dürr". "Voraussetzung dafür, nicht für immer weggesperrt zu bleiben, ist es, dass mein Mandant eine vollständige Offenheit zu seiner Tat entwickelt", betonte er. Es gebe eine Reihe strittiger Punkte im Urteil. Ob es aber eine Revision vor dem Bundesgerichtshof gibt, will er Uwe K. entscheiden lassen.

Oberstaatsanwältin Claudia Laube war von den Worten des Mörders beeindruckt. "Das hätte ich nicht erwartet", hatte sie nach den Plädoyers gesagt. Nach dem Urteil erklärte sie: "Es ist ein Verfahren, in dem es keine Sieger gibt. Es gibt nur einen Verlierer, und der heißt Mitja. Und wenn man es genau betrachtet, gibt es einen zweiten - Uwe K."

Frühes Geständnis sorgt für ruhigen Prozess

So spektakulär das Verschwinden Mitjas, die anschließende Fahndung nach Uwe K. und schließlich sein Selbstmordversuch waren, so ruhig verlief der Prozess. Dazu trug wesentlich das frühe Geständnis bei. Ziel der Verteidigung war es, das Bild eines mehrfach vorbestraften Kinderschänders als "Bestie" zu entkräften. Ein Stück ist dies Verteidiger Heise gelungen. Es wurde aufgezeigt, wie Uwe K. sich um soziale Integration bemühte. Deutlich wurde aber auch, wie sehr er seine pädophile Neigung und seine Alkoholsucht verdrängte.

Ob Mitjas Mörder für immer hinter Gittern bleibt, ist trotz Höchststrafe offen. Nach frühestens 20 Jahren kann die Strafvollstreckungskammer erstmals über die Fortsetzung der Haft oder eine Aussetzung zur Bewährung entscheiden. Zunächst kommt Uwe K. auch in diesem Fall nicht frei, weil die angeordnete Sicherungsverwahrung greift. Seine Gefährlichkeit muss dann alle zwei Jahre überprüft werden. Liegt sie nicht mehr vor, könnte Mitjas Mörder als alter Mann doch noch frei kommen. Richter Jagenlauf stellte dazu klar: "Heute gibt es dafür aus Sicht des Gerichts keine Chance." (mit dpa)

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