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© dpa

Hollywood: Der mit sich selbst tanzt

"Dirty Dancing", "Ghost", "Fackeln im Sturm": Für viele Jugendliche in den 1980er Jahren war Patrick Swayze eine Ikone. Nun ist der US-Schauspieler im Alter von 57 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben.

New York/Los Angeles - Männer mit breiten Schultern haben in Hollywood oft Knarren in der Hand. Selten tragen sie auch Ballettschühchen. Patrick Swayze war eine Ausnahme. Als Tränzer, der er seit frühester Jugend war, verband er die stählerne Präsenz seines athletischen Körpers mit einer Dynamik der Lüfte, die noch etwas anderes als Stärke, Kraft und Durchsetzungsfähigkeit in sich trug. „Ich wollte dem Publikum etwas Positives geben“, sagte er 1990 über seine Rolle als untoter Banker in „Ghost“, der aus dem Jenseits mit seiner Verlobten kommunizieren will, „ich wollte, dass die Menschen ihr Leben höher wertschätzen.“

Swayze verweigerte den Krebs

Als im Januar 2008 bei Swayze Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert wurde, hatte seine Weigerung, sich von dieser besonders aggressiven Form des Krebses behelligen zu lassen, beinahe etwas Manisches. „Wie soll ich meine positive Einstellung erhalten, wenn die Statistiken mir sagen, dass ich ein toter Mann bin? Ich gehe zur Arbeit“, lautete seine Losung. Und er stürzte sichin die Dreharbeiten zu dem Fernsehmehrteiler „The Beast“. Trotz Chemotherapie und akutem Gewichtsverlust („Ich gehe durch die Hölle und ich habe erst den Anfang davon gesehen“) stand er als undurchschaubarer Under-Cover-Ermittler täglich zwölf Stunden vor der Kamera. Und er verköperte einen Mann, der so tief in seine eigenen seelischen Abgründe gestürzt war, dass er sich mit allem abgefunden zu haben schien, sogar mit der Möglichkeit zu sterben. Ganz anders Swayze selbst. Der trotzte der Überlebenserwartung zunächst – „Ich bin ein Wunderknabe.“ Nach einer Lungenentzündung zog er sich mit dem Plan auf seine Pferderanch zurück, seine Autobiografie zu schreiben. Am Montag ist er gestorben, er wurde 57 Jahre alt.

Momente schwereloser Leichtigkeit

Patrick Swayze schien als Schauspieler eine Passion für Leute zu haben, die auf der Erde und mit der Schwerkraft kein Glück haben. Bei seinem internationalen Durchbruch Mitte der Achtziger als Orry Main in „Fackeln im Sturm“ humpelte er mit zertrümmertem Bein durch die Südstaatenserie, ein gestürzter und damit romantisch eingetrübter Kriegsheld. Er würde keine Sprünge mehr machen können, wie er es zuvor als jugenlicher Rollschuh-Virtuose in „Skatetown U.S.A.“ getan hatte, seinem Spielfilmdebüt 1979. Oder als angehender Eishokey-Profi in „Youngblood“, der auf dem Eis rasante Pirouetten dreht.

Nicht nur, dass Swayze im Vergleich zu anderen Hollywoodstars seiner Generation höchst sporadisch in die Öffentlichkeit trat, aus seiner schmalen Filmbiografie stechen vor allem Momente schwereloser Leichtigkeit heraus – sei es, dass er in der Ferienromanze „Dirty Dancing“ als mittelloser Tanzlehrer in einen Waldsee steigt, um seinem ,Baby’ den Zauber intuitiver Bewegungsabläufe spüren zu lassen, einen Zauber, den das Mädchen aus besserem Hause nie wieder vergessen wird, oder dass er sich in „Ghost“ gleich ganz aus der irdischen Welt verabschiedet. Ganz zu schweigen von „Gefährliche Brandung“, wo er als Anführer einer Surfer-Clique den ultimativen Kick sucht. Obwohl ihn „Dirty Dancing“ und „Ghost“ in die Riege der Blockbuster-Stars aufsteigen ließ, ist Kathryn Bigalows Surf-Thriller von 1991 Swayzes Meisterwerk.

Kampf gegen das Image als Frauenversteher

Gegen sein Image als einfühlsamer Frauenschwarm besetzt ist er seinen finsteren Dämonen und dem Wunsch nach spiritueller Erfüllung nie näher gekommen als mit dieser Figur des rücksichtslosen Adrinalin-Junkies Bodhi, der sich seine Abenteuer durch Banküberfälle finanziert. Er reitet riesige Wellen ab, springt aus Flugzeugen, ballert in der Gegend herum und alles in Ballettschuhen. Am Ende der Verfolgungsjagd fragt er den jungen FBI-Agenten (Keanu Reeves), der sich bei seiner Gang als Surf-Anfänger eingeschlichen hatte: „Surfst du noch?“ Die Antwort lautet: „Jeden Tag.“

Einen charismatischeren Bösewicht hat es im Kino selten gegeben. Mit seinem Gegner durch dieselbe Passion verbunden. Das Leben höher schätzen! Es überhaupt schätzenswert zu machen, war Swayzes Mission. Als Katholik kannte er auch den Preis für das Außergewöhnliche und versuchte, ihm mit Religionen wie dem Bahai-Glauben, dem Buddhismus und auch Scientology beizukommen. Anfang der Achtziger war er aus Enttäuschung darüber, auf das Image des Teenieschwarms festgelegt zu sein, zum Trinker geworden.

Präzise Körperkontrolle im Tanz

Dabei hatte der am 18. August 1952 in Houston, Texas als Sohn eines passionierten Rodeo-Reiters und einer Choreographin geborene Patrick beste Voraussetzungen, nach dem Erfolg von „Saturday Night Fever“ auf der Tanzfilm-Welle zum Erfolg getragen zu werden. Nach einer Tanzausbildung in New York war er am Broadway in der Hauptrolle des „Grease“-Musicals zu sehen. Sein erstes Engagement in Hollywood kam seiner präzisen Kontrolle über den eigenen Körper entgegen: Auf Rollschuhen wirbelte er durch „Skatetown“ und verspielte so auf Jahre hinaus die Chance, als seriöser Schauspieler besetzt zu werden.

Als Swayze die Rolle eines Feriendorf-Animators in einem Low-Budget-Film angeboten wurde, war er mit 34 Jahren eigentlich zu alt für eine Romanze wie „Dirty Dancing“. Doch ein Satz, so unschuldig wie nur irgendwas, hat sich tief in die Gemüter des Millionenpublikums eingegraben: „She’s my Baby“ – simpler hat eine Liebeserklärung nie geklungen. Das Lied dazu, „She’s Like The Wind“, wurde von Swayze sogar selbst geschrieben. Wenn darüber verblasst, dass Swayze als Achtziger-Ikone bis zuletzt die Zwiespältigkeit seines Wesens mit ebenso zwiespältigem Erfolg zu ergründen versuchte, dann auch deshalb, weil er kein Mann der Skandale war.

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