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Panorama: Hollywood trauert um seinen größten Rebellen

Schauspieler und Regisseure ehren Marlon Brando – er soll am Ende in Armut gelebt und Millionenschulden hinterlassen haben

Wenn er die Möglichkeit hätte, zu sehen oder zu lesen, wie sie in seinem Heimatland auf seinen Tod reagieren, Marlon Brando würde sich wahrscheinlich köstlich amüsieren. Oder ärgern. Oder beides. Auf jeden Fall blieb der Schauspieler, der am Donnerstagabend in einem Krankenhaus in Los Angeles an Lungenentzündung starb, den meisten bis zuletzt ein Rätsel. Selbst die „New York Times“, die eine ganze Redaktionsabteilung hat, die sich nur mit Nachrufen beschäftigt, die sorgfältigst recherchiert werden, mochte sich nicht darauf festlegen, wie viele Kinder er denn nun hatte. „Wenigstens elf“, schreibt sie, aber es gebe Hinweise auf mehr: „Herr Brando weigerte sich, darüber zu sprechen.“

Hollywood und ganz Amerika trauern um den Schauspieler. Die Fernsehanstalten berichteten ab Bekanntwerden der Nachricht von seinem Tod ununterbrochen. Am Walk of Fame in Hollywood legten Menschen Blumen nieder. Mehrere Familienmitglieder, darunter seine Enkelin Fausta Brando und sein Sohn Miko Brando, fanden sich gestern in seiner Wohnung am Mulholland Drive ein.

Regisseur Francis Ford Coppola, der mit Brando bei seinem Anti-Kriegsfilm „Apocalypse Now“ zusammenarbeitete, amüsierte sich über den Versuch, die letzten privaten Geheimnisse des Schauspielers aufzuklären. „Er würde die Idee hassen, dass jeder sich zu Wort meldet, um einen Kommentar zu seinem Tod abzugeben. Alles, was ich sage, ist, dass ich trauig bin, weil er gegangen ist." Sophia Loren würdigte ihren Partner in Charlie Chaplins Film „A Countess From Hong Kong“ als „wundervollen Arbeitskollegen, eine Person von großer Bildung und großartigen Profi. Schauspieler wie er sollten unsterblich sein.“

Andere wiesen auf die Bedeutung der Profession hin, die der Mann hatte, den viele für den größten Rebellen Hollywoods halten. „Er hat mehr Schauspieler meiner Generation beeinflusst als jeder andere“, sagte etwa James Caan, der an der Seite von Brando in „Der Pate" spielte: „Jeder, der das bezweifelt, hat nie verstanden, wie er war.“ Ähnlich sieht das auch Schauspielerkollege Robert Duvall: „Er war wie ein Pate für so viele Schauspieler weltweit, aber ganz besonders in den USA. Er hatte enormen Einfluss auf sie und die Erinnerung an ihn wird für immer leben.“

Viel diskutiert in den Medien wird auch noch einmal Brandos bemerkenswerter Auftritt bei der Oscar-Verleihung für den „Paten“. Statt selbst zu erscheinen, schickte er damals eine Schauspielerin indianischer Abstammung, die in seinem Namen den Preis brüsk ablehnte und stattdessen seine Erklärung verlas, in der er die Behandlung der amerikanischen Ureinwohner scharf verurteilte. Schon in den späten 60er Jahren hatte der Schauspieler begonnen, sich für die indiglenen Vöker einzusetzen. Was mit einem Kampf um Fischerei-Rechte begann, wurde eine lebenslange Aufgabe. „Sein Status als Prominenter gab ihm die Möglichkeit, auf der Weltbühne über so wichtige soziale, politische und ökologische Dinge zu sprechen, auch wenn niemand sonst unserer Situation Beachtung schenkte“, würdigte der Vorsitzende der „National Indian Gaming Association“, Ernest L. Stevens Jr., den Schauspieler.

Doch es ging Brando nicht nur um Politisches, bekannte er damals – es gebe einfach Wichtigeres im Leben als Preise wie den Oscar.

Reich machte ihn diese Einstellung nicht. Nachdem er Millionen für die Verteidigung seines des Mordes angeklagten und schließlich verurteilten Sohnes Christian ausgegeben hatte, fristete er ein Leben in relativer Armut. Nach Angaben in der New Yorker Boulevard-Presse beliefen sich seine Schulden zuletzt auf bis zu 20 Millionen Dollar. Aber genau weiß auch das wohl niemand.

Nach Aussage des französisch-tunesischen Regisseurs Ridha Behi verbrachte Brando seine letzten Monate bester Dinge: „Er war kein wohlhabender Mann, aber in sehr guter Stimmung.“ Die beiden arbeiteten an einem gemeinsamen Filmprojekt. „Brando and Brando“ erzählt die Geschichte eines jungen Tunesiers, der in den USA sein Glück finden will. Brando sollte sich selber spielen. Er werde den Film trotzdem fertig stellen, sagte Behi – „aber niemand wird seinen Platz einnehmen. Nur Brando ist Brando.“

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