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Panorama: Ich gestehe!: Würden Sie fremden Leuten eine Geschichte erzählen, die Ihnen peinlich ist? Hier traut sich einer

Eine humorige Anekdote habe ich nicht parat. Ich schaue mir die Dinge so lange an, bis ich kein Problem mehr mit ihnen habe.

Eine humorige Anekdote habe ich nicht parat. Ich schaue mir die Dinge so lange an, bis ich kein Problem mehr mit ihnen habe. Frauen sagen, das sei meine Macke. Aber mir fallen Momente ein, die mir peinlich im Sinne von schmerzhaft sind. Zum Beispiel telefoniere ich täglich mit meiner inzwischen schon recht betagten Mutter. Der Prozess, den sie durchmacht, ist für uns Kinder schwer zu ertragen. Peinlich ist für mich, dass ich die Freundlichkeit und das Verständnis für sie, während sie nach und nach den Kontakt zu einer anderen Welt aufnehmen muss, eben nicht immer so aufbringen kann, wie ich das gerne möchte. Obwohl ich mich mit dem Thema Sterben und Tod schon lange beschäftige, habe ich Angst, das leise Weggehen meiner Mutter zu ertragen und sie loszulassen. Überfordert war ich übrigens auch das eine oder andere Mal im Umgang mit "meinen" Kindern. Ich bin regelrecht erschrocken, als ich einmal in meiner Verzweiflung anfing, einen schreienden Säugling zu schütteln. Diese Gewalt ausgerechnet bei mir ...Das hat mich entsetzt und mein Selbstverständnis auf den Kopf gestellt. Denn als 68er habe ich mich viel mit alltäglicher und vor allem äußerer Gewalt auseinandergesetzt und gesehen: Sie ist zuerst in mir, in uns. Deshalb bin ich nicht Politiker geworden wie Fischer und Trittin. Ich finde es peinlich für die beiden, wie sie sich entschuldigen müssen. Sie haben wirklich überhaupt keinen Grund dazu. Wenn sich jemand entschuldigen muss, dann ist es diese Gesellschaft, die uns gepeinigt hat. Jeder verrät sich so gut er kann, daraus lernt man.

Bea Schnippenkoetter

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