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Panorama: „Ich werde sie alle verklagen“

Der Bergsteiger Reinhold Messner wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe bei einer Expedition vor 33 Jahren aus Ehrgeiz den Tod seines Bruders in Kauf genommen

Reinhold Messner zieht die buschigen Augenbrauen zusammen. Setzt diesen starren, fast dämonischen Blick auf. Streckt den Rücken durch, beugt sich nach vorn, als ob er aus dem Stuhl aufstehen wollte, den er ohnehin nur auf der vordersten Kante belastet. Wird laut. Unterstreicht jedes seiner Worte mit einem Handschlag durch die Luft. Und sagt: „Was hier passiert, das ist psychische Folter. Eine konzertierte Aktion von Leuten, die keine Ahnung davon haben, was am Berg geschehen ist. Aber ich werde sie alle wegen Rufmord verklagen." „Alle“: Hans Saler und Max von Kienlin also, Messners ehemalige Expeditionskameraden, die diesem in kürzlich erschienenen Büchern vorwerfen, er erzähle nicht die Wahrheit über den Tod seines Bruders Günther 1970 am 8125 Meter hohen Nanga Parbat. „Alle“: den Verlag A1 von Salers und den Herbig Verlag von Kienlins. „Alle“: die Süddeutsche Zeitung und den Spiegel und andere missliebige Journalisten, die kritisch über das 33 Jahre zurückliegende Geschehen berichtet hatten. Reinhold Messner fühlt sich ungerecht behandelt, verfolgt. Weshalb er in den Münchner Räumen des Verlags, in dem sein neues Buch „Die weiße Einsamkeit“ erschienen ist, gestern eine Pressekonferenz abhielt. Um sich, wie er sagt, gegen den Vorwurf zu wehren, er habe seinen Bruder Günther dem Ehrgeiz geopfert: Saler und von Kienlin nämlich stellen die Hypothese auf, die beiden Brüder hätten sich beim Abstieg vom Gipfel getrennt. Nur so habe Reinhold seinen Plan, den Nanga Parbat zu überschreiten, in die Tat umsetzen können. Sein jüngerer Bruder sei nicht, wie von Reinhold Messner behauptet, am Fuß des Nanga Parbat in einer Lawine, sondern hoch oben am Berg gestorben. Allein.

Gegen diese Darstellung der Ereignisse will Messner nun gerichtlich vorgehen. Mitte vergangener Woche ließ er den Verlagen Salers und von Kienlins über seinen Anwalt eine „Unterlassungsverpflichtungserklärung“ zukommen, in der diese aufgefordert werden, verschiedene Aussagen aus den jeweiligen Publikationen zu streichen. Eine Stellungnahme sollte binnen 24 Stunden erfolgen. Weder im A1 noch im Herbig Verlag wurde dieser Aufforderung nachgekommen. Albert Völkmann vom A-1-Verlag: „Falls Umformulierungen in Salers Buch nötig sein sollten, werden wir diese in der dritten Auflage tätigen."

Zwei Auflagen, also etwa 8000 Exemplare des Buches, sind bereits verkauft. Reinhold Messner wird also damit leben müssen, dass auch ein anderes als sein Wort gehört wird. Damit zufrieden geben will er sich nicht: „So lange meine Kräfte reichen, werde ich in den kommenden Jahren mehrere Suchexpeditionen zum Nanga Parbat machen. Und mit etwas Glück werde ich meinen Bruder finden.“

Tom Dauer[München]

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