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Panorama: Immer mehr Jugendliche in England und Amerika lassen sich von Schönheitschirurgen operieren

Die Poster von pubertierenden Stars wie Sängerin Britney Spears oder dem jugendlichen Fußball-Idol David Beckham, dem Ehemann von "Posh Spice", über dem Bett wecken seltsame Gedanken in englischen Teens. Schon elfjährige Mädchen möchten ihrem Wunschbild durch eine Operation näher kommen und wie in den USA wächst auch in Großbritannien die Zahl der Jugendlichen, die ihr Aussehen durch Schönheitschirurgen verändern lassen.

Die Poster von pubertierenden Stars wie Sängerin Britney Spears oder dem jugendlichen Fußball-Idol David Beckham, dem Ehemann von "Posh Spice", über dem Bett wecken seltsame Gedanken in englischen Teens. Schon elfjährige Mädchen möchten ihrem Wunschbild durch eine Operation näher kommen und wie in den USA wächst auch in Großbritannien die Zahl der Jugendlichen, die ihr Aussehen durch Schönheitschirurgen verändern lassen.

Der Trend alarmiert Experten und Politiker. Professor David Sharpe, der frühere Präsident des britischen Verbandes für ästhetische plastische Chirurgie warnt vor den unangenehmen Spätfolgen solcher Eingriffe im Entwicklungsalter, die später zu Missbildungen führen könnten. Etwa ein Fünftel solcher Operationen müssen später wiederholt werden. Minderjährigen Patienten, die wie ihre Stars aussehen wollen, empfiehlt der Chirurg deshalb lieber die Adresse eines Psychologen. Über die Hälfte der gewünschten Operationen lehnt Professor Sharpe ab. "Ich fühle mich nicht wohl, Frauen unter 21 Einlagen in die Brüste zu machen, wenngleich ich das auch in einigen Fällen getan habe", bekennt der Chirurg. "Manche unseriösen Kliniken zahlen aber so hohe Versicherungsprämien für Kunstfehler, dass sie sich solche Skrupel nicht leisten können. Plastische Chirurgie kann sehr hilfreich sein, aber häufig wird sie zu frivolen und traurigen Zwecken eingesetzt."

Wie die Recherchen der Sonntagszeitung "Observer" ergaben, sind tatsächlich viele Privatkliniken allzu bereit, Busen und Nasen gegen ein saftiges Honorar zu verändern. Zwei attraktive junge Frauen im Alter von 16 und 17 Jahren ließen sich in fünf verschiedenen Kliniken beraten und hätten anstandslos die Eingriffe erhalten, die durch keinerlei ästhetische oder psychologische Gründe gerechtfertigt waren. In keinem Fall wurden sie auf die potentiellen Gefahren solcher Operationen hingewiesen. Farrah Esmail gab in einer Praxis im noblen Londoner Klinikviertel der Harley Street an, dass sie "gut aussehen möchte, um beim Fernsehen zu arbeiten." Die Frage, ob ihr Alter ein Problem wäre, wurde verneint. "Sie sagten mir, dass sie eine Menge Mädchen operiert hätten, die noch jünger als ich waren", berichtete sie dem "Observer" später. Farrah wurde sogar ein "Sonderpreis" von 16 000 Mark angeboten, wenn sie sich Nase und Busen in einem Aufwasch operieren ließe.

Solche Operationen dürfen in England selbst von Ärzten durchgeführt werden, die dafür keine Spezialausbildung haben. Über 7000 Mark kosteten die Silikoneinlagen der 17-jährigen Sandra, um den sie jetzt ihre Schulfreundinnen beneiden. Wie sie stolz erzählt, bezahlte ihr geschiedener Vater dafür, um der Mutter "eins auszuwischen". Die 19-jährige Abigail Stevenage aus Kidderminster bezahlte für die Verkleinerung einer Brust mit ihrem Leben. Sie starb eine Woche nach dem Eingriff an einer Blutvergiftung. Ihre Eltern hatten vergeblich versucht, sie von der Operation abzuhalten.

Nach der Aufregung über ein elfjähriges Mädchen, die sich ihren Busen verkleinern ließ, warnte die Psychologin im staatlichen Gesundheitsdienst, Eileen Bradbury, davor, "kosmetische Chirurgie automatisch zu verteufeln. Sie kann durchaus Menschen helfen, die aus verständlichen Gründen zutiefst unglücklich über ihr Aussehen sind. Aber mit derartigen Operationen ist eine Menge Geld zu machen und das führt leicht zur Ausbeutung jugendlicher Ängste. Kinder stehen heute unter starkem Druck so gut wie möglich auszusehen. Das trifft sogar für Jungen zu. Es genügt nicht mehr, gut Fußball zu spielen. Man muss dazu noch so attraktiv sein wie David Beckham".

Die Labour Parlamentsabgeordnete Ann Clywd wundert sich, dass Jugendlichen zwar von Alkohol und Zigaretten abgehalten werden, aber sich durchaus Silikon einpflanzen dürfen. Sie drängt die Regierung, die leichtfertige Schönheitschirurgie an Kindern und Jugendlichen gesetzlich zu verhindern. Die Kliniken würden dadurch freilich nicht viel ärmer. Jede dritte Frau unter 40 hat laut Meinungsumfragen in Großbritannien schon mit dem Gedanken einer Schönheitsoperation gespielt. Jährlich finden in Großbritannien etwa 65 000 kosmetische Operationen statt. Und selbst Tiere sollen "cool" aussehen. Der Hamster "Nibbles" machte vor drei Jahren tiermedizinische Geschichte, als ihm sein Fettbauch in Liverpool abgesaugt wurde.

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