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Panorama: In aller Stille

Fünf Jahre nach ihrem Tod wird es ruhig um Lady Di – die Königsfamilie gedenkt der Prinzessin ganz privat

Von Hendrik Bebber, London

Kein Vergleich mehr mit dem Tollhaus der Trauer, in das sich Großbritannien vor fünf Jahren beim Tode von Prinzessin Diana verwandelte: In aller Stille und ohne öffentliche Veranstaltungen wird in Großbritannien des Todes der Prinzessin in einem Pariser Straßentunnel am 31. August 1997 gedacht. Beim Gottesdienst in ihrem schottischen Ferienschloss Balmoral wird die königliche Familie ihrem unglücklichen Mitglied in der allgemeinen Fürbitte gedenken und ihre treuen Fans werden Blumen in der abgelegenen Ecke des Kensington Gartens niederlegen, der bislang die einzige Erinnerungsstätte für Diana in London ist.

Und damit hat es sich auch schon. Selbst die britischen Massenblätter, die sich seinerzeit der gigantischsten Massenmanipulation in der Geschichte der Medien schuldig gemacht hatten, halten sich mangels öffentlichen Interesses zurück. Auch Journalisten möchten nicht an ihre Schizophrenie erinnert werden: Verhöhnten sie noch in der Ausgabe vor Dianas tragischem Unfall die Abenteuer einer „ausgerasteten Prinzessin mit einem ägyptischen Playboy“, so stilisierten sie in der nächsten Nummer die „moderne Ikone von Kitsch und Schund“ (so der „Observer") zur Volksheiligen hoch. Erstickte damals Maß, Würde und Vernunft im süßlichen Geruch der verrottenden Blumenteppiche vor den Londoner Palästen, so gab es dieses Jahr recht flaue Einschaltquoten bei den Erinnerungssendungen im britischen Fernsehen.

Mit Diana wurde auch die Wunschvorstellung begraben, dass ihr Tod das baldige Ende des Königreichs signalisierte. Tatsächlich hatte die schonungslose Art, wie sie ihre Eheprobleme in aller Öffentlichkeit dem Königshaus anlastete und Charles die Fähigkeit zum König absprach, dem Ansehen der Monarchie vielleicht noch größeren Schaden zugefügt, als ihre eigene Verschwendungssucht, die peinlichen Affären und Neurosen. Diana, die bei ihrer Scheidung eine Abfindung von 40 Millionen Euro für ihren stilvollen Lebensunterhalt aushandelte, galt nach ihrem Tode plötzlich als Revolutionärin gegen die „königlichen Schmarotzer".

Doch der enorme Popularitätsaufschwung, den die Monarchie in diesem Jahr durch die Feierlichkeiten nach dem Tode der Königinmutter und zum Goldenen Thronjubiläum der Queen genossen hat, ist letztlich die unerwartete Konsequenz des Diana-Debakels. Psychologen und Gesellschaftswissenschaftler in aller Welt werden sich noch lange mit dem narzisstischen Trauermythos um Diana beschäftigen. Eine Antwort liegt in der Theorie von einem einzigartig zusammengebauten Prototyp der „mega-celebrity“, der absoluten Medienpersönlichkeit. Diana stellte als meistfotografierte Frau der Welt jeden Pop-Megastar in den Schatten. Sie partizipierte voll von dem Mysterium der Monarchie und erinnerte gleichzeitig an die Märchenwelt einer Aschenputtel. Sie schaffte es uneigennützige Nächstenliebe zu verströmen und ein egozentrisches Luxusleben im internationalen Jet-set zu führen. Sie war das Symbol modischer Rebellion gegen traditionelle Tugenden wie Pflichtbewusstsein, Selbstdisziplin und eiserner Fassung, mit denen viele Briten nicht mehr mithalten können. Sie schuf den Mythos von einer neuen Gesellschaft, in der Herzlichkeit, Wärme und Mitgefühl die „steife Oberlippe“ der Briten ersetzte.

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