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Panorama: In alten Öfen geht das Feuer bald aus

Ab 2015 gelten strengere Feinstaubgrenzwerte für „Kleinfeuerungsanlagen“. Der Trend zum Kamin ist indes ungebrochen.

Ende Dezember schlug der griechische Gesundheitsminister Adonis Georgiades Alarm: Weil viele Griechen aus purer Not mit Holz heizen, hatte die Luftverschmutzung kurz vor Weihnachten in fast allen Städten des Landes bedrohliche Ausmaße angenommen. Im Zentrum Athens und in den nördlichen Vororten wurden Werte von über 100 Mikrogramm Staubpartikeln pro Kubikmeter gemessen, teilte die zuständige Stelle des Umweltministeriums mit. Vielerorts gab es beißenden Geruch, Rauchschwaden lagen über Wohngebieten. Viele Menschen klagten über tränende Augen und ein Brennen im Hals.

Ein Szenario, das uns vielleicht auch in Deutschland droht? Von der Not der Griechen sind wir zwar glücklicherweise noch weit entfernt. Doch Fakt ist: Im zurückliegenden Jahrzehnt hat der Absatz von Kamin- und Dauerbrandöfen eine rasante Entwicklung genommen. Nach einer Statistik des Industrieverbands Haus-, Heiz und Küchentechnik (HKI) wurden bis zur Jahrtausendwende gleichbleibend etwa 100 000 Geräte verkauft, danach stiegen die Zahlen sprunghaft an und haben sich seit 2007 bei mehr als 300 000 verkauften Geräten jährlich eingependelt. „Der Grund liegt eindeutig in den erhöhten Energiepreisen“, sagt Frank Kienle, Geschäftsführer des HKI. „Viele Verbraucher versuchen durch den heimischen Ofen ihre Kosten zu senken.“

Aufhorchen müssen nun aber all jene, die eine Wärmequelle aus früheren Tagen betreiben. Denn veralteten Heizöfen wird in Deutschland ab Ende 2014 nach und nach das Feuer ausgeblasen. Am 31. Dezember läuft die erste Übergangsfrist einer 2010 in Kraft getretenen Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes aus: Sie sieht vor, dass nach 1950 und vor dem 31.12.1974 errichtete „kleine und mittlere Feuerungsanlagen“, die mit festen Brennstoffen beheizt werden, stillgelegt oder nachgerüstet werden müssen, wenn sie die vorgeschriebenen Grenzwerte für Feinstaub und Kohlenmonoxid (CO) nicht einhalten. Diese liegen für Staub bei 150 Milligramm, für Kohlenmonoxid bei vier Gramm pro Kubikmeter.

„Öfen mit nicht mehr zeitgemäßer Technik sind die größten Dreckschleudern, was die Feinstaubbelastung betrifft“, sagt Stephan Langer, Pressesprecher des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks. Im Jahr 2000 pusteten kleine und mittlere Feuerstellen in Deutschland 24 000 Tonnen Feinstäube in die Umwelt. Auf diese alarmierende Zahl reagierte der Gesetzgeber mit der sogenannten Kleinfeuerungsanlagenverordnung: Nach der ersten Frist Ende dieses Jahres werden schrittweise auch jüngere Öfen geprüft: Anlagen mit Baujahr bis Ende 1984 bis zum 31.12.2017, mit Baujahr bis Ende 1994 bis zum 31.12.2020 und mit Baujahr ab 1995 bis zum 31.12.2024. Ausgenommen sind Grundöfen, Kochherde, Backöfen und Badeöfen, offene Kamine für den gelegentlichen Betrieb sowie Öfen, die vor 1950 errichtet wurden.

Als Nachweis, ob die geforderten Grenzwerte eingehalten werden, gilt die „Prüfstandsmessbescheinigung“ des Herstellers oder die Messung durch den Schornsteinfeger. Bei älteren Anlagen muss der Prüfbericht meist beim Hersteller erfragt werden; manche Anbieter halten dazu Informationen im Internet bereit. „Grundsätzlich sind aber die Schornsteinfeger erste Ansprechpartner, wenn es um eine fachliche Beratung zum Handlungsbedarf bei heimischen Öfen geht“, so Langer. Das schließt auch Hinweise zum richtigen Heizen sowie zur Auswahl und Lagerung der Brennstoffe ein.

Doch wie lange lässt sich der endliche Brennstoff Holz noch bezahlen, wenn immer mehr Deutsche sich private Feuerstellen zulegen? Dass die Nachfrage deutlich steigt, zeigen die Statistiken der Forstverwaltungen in ganz Deutschland. Um nur ein Beispiel zu nennen: 96 700 Raummeter wurden in den landeseigenen Wäldern Brandenburgs 2010 verkauft, 2011 waren es schon 101 600 Raummeter. Ähnliche Zuwächse gab es – nach einer organisatorischen Umstrukturierung der Oberförstereien – von 2012 nach 2013, von 70 800 auf 79 200 Raummeter. „Seit einigen Jahren stellen wir einen regelrechten Run auf Brennholz fest“, sagt Christian Naffin, Sprecher des Landesbetriebs Forst Brandenburg.

Momentan wachse in Deutschland zwar genug Holz nach, doch die Preise seien durch die höhere Nachfrage schon gestiegen, sagte Udo Mantau, Professor für die Ökonomie der Holz- und Forstwirtschaft an der Universität Hamburg kürzlich in einem „Spiegel“-Interview. Je knapper Brennholz werde, desto häufiger werde es auch importiert, etwa aus Osteuropa. Ein Problem sieht der Experte darin, dass nicht alles Holz aus dem Ausland den Regeln nachhaltiger Forstwirtschaft unterliegt.

Mantaus Tipp: Verbraucher könnten ihre Kamine modernisieren und auch mit kleineren Mengen Holz Spaß am Feuer haben. Doch eine gestiegene Nachfrage nach modernen Öfen – auch aufgrund der novellierten Verordnung – war zumindest in den letzten zwei Jahren nicht festzustellen. „Offenbar reagieren die Betroffenen wie so oft erst gegen Ende einer Übergangsfrist“, meint Frank Kienle vom HKI.

Was sich indes spätestens seit Inkrafttreten des Gesetzes verändert hat, sind die Feinstaubstandards der neuen Geräte: Sie erreichen fast ausschließlich die aktuell geltende Stufe 1, oft bereits die erst ab 2024 geltende Stufe 2. Durch den immens gestiegenen Wirkungsgrad der jüngsten Generation von Öfen gegenüber den in den 1960er und 1970er Jahren verbreiteten offenen Kaminen hat sich die Feinstaubbelastung proportional zur Anzahl der Anlagen ohnehin deutlich verringert. „Je nach Kamintyp und Heizmaterial hat sich der Wirkungsgrad verdoppelt, meist sogar verdreifacht“, sagt Schornsteinfegermeister Langer.

Im Sommer sollen aktuelle Zahlen zur Feinstaubmenge durch Kaminöfen vorliegen, Langer erwartet dann bereits eine klare Abnahme der Tonnenzahl im Vergleich zu 2000. „Innerhalb des nächsten Jahrzehnts, bis 2024, werden wir in Deutschland nur noch saubere Öfen haben“, ist der Experte überzeugt.

Mit der gravierenden Einschränkung jener Modelle, die vor 1950 gebaut wurden. „Wir haben bundesweit einen Bestand von rund 15 Millionen kleinen und mittleren Feuerungsanlagen“, so Kienle. Nach internen Schätzungen des HKI geht er davon aus, dass bis zu ein Drittel davon Bestandsschutz genießen. „Insbesondere in den ländlichen Regionen, etwa in alten Bauernhäusern, sind diese Öfen noch oft zu finden und werden auch benutzt.“ Doch selbst bei diesen Anlagen sei eine Umrüstung mit überschaubarem Aufwand möglich. Sinnvoll wäre sie nicht nur wegen des reduzierten Feinstaubs, sondern auch wegen des erhöhten Wirkungsgrads, der das Heizmaterial deutlich besser ausnutzt. mit dpa

Klaus Grimberg

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