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Panorama: In der Wüste schneit’s

Wintereinbruch – und im Nahen Osten steht das Leben still. Schulen, Ämter und Geschäfte sind geschlossen

Die Orangenbäume biegen sich unter der zentimeterhohen Schneelast. Die aus Holz und Bastmatten errichteten Garagen der Nachbarn sind unter den Schneemassen bereits eingestürzt. Fahren würde mit den Wagen sowieso niemand: Denn in der jordanischen Hauptstadt Amman sind zwischen 30 und 60 Zentimeter Schnee gefallen und es schneit immer weiter. Dies bedeutet in der Stadt, die auf vielen Hügeln fast 1000 Meter hoch liegt und entsprechend steil ansteigende und abfallende Straßen hat, Ausnahmezustand.

Auch Israel versinkt im Schnee. Über Jerusalem lag am Mittwoch eine dicke Schneeschicht. Und es soll weiter schneien. Wegen der Schneefälle blieben die Schulen in Jerusalem, aber auch in den meisten Städten des palästinensischen Westjordanlandes am zweiten Tag hintereinander geschlossen.

Im Küstengebiet und im Norden des Landes führten die heftigen Regenfälle zu Überschwemmungen. In der Wüstenregion im Süden Israels mussten Straßen gesperrt werden, weil sich ausgetrocknete Flussbetten über Nacht in reißende Sturzbäche verwandelt hatten. Das gibt’s nicht oft: In der Wüste Schneit es. Wegen des Wetters stieg der Stromverbrauch im Land auf eine neue Rekordmarke. Die Meteorologen rechnen damit, dass der Wintereinbruch bis zum Wochenende vorüber ist.

Auch in Amman sind alle Schulen geschlossen, ebenso die Geschäfte, kein Angestellter geht zur Arbeit. Denn Winterreifen oder Schneeketten sind hier unbekannt und die Zivilverteidigung versucht mit ihren 20 Fahrzeugen gerade mal, einige Hauptverkehrsadern der Zwei-Millionen-Stadt freizuschaufeln. Ansonsten sind auf den Straßen nur einzelne Jugendliche zu sehen, die sich eine Schneeballschlacht liefern. Die meisten Bewohner von Amman blieben in ihren Häusern. Das staatliche Fernsehen zeigt Live-Bilder vom Schneetreiben, Satellitenprogramme sind nicht mehr zu empfangen, es sei denn man schippt ständig seine Satellitenschüssel frei. Die Mitarbeiterin der Nachrichtenagentur AFP ist eine der wenigen, die es ins Büros geschafft hat. Dank ihres prominenten Nachbarn: Die Straße von der Residenz des israelischen Botschafters bis zur Hauptstraße wurde vom Räumdienst freigemacht. Die letzten 500 Meter bis zum Büro musste sie laufen. Im Büro musste sie dann erst einmal auf dem Dach den Schnee von den Sendeanlagen fegen. Doch nach knapp vier Stunden war sie bereits wieder auf dem Heimweg: Der Wetterdienst sagte noch stärkeren Schneefall an. Begonnen hatte die Aufregung am Montag, als erste Schneeflocken fielen. Sofort verließen alle Jordanier fluchtartig die Büros, Cafes und Geschäfte, um nach Hause zu kommen. Auf den Straßen gab es lange Staus, vor den Bäckereien herrsche besonderes Chaos, weil alle mitten auf der Straße hielten, um noch Brot für die nächsten Tage einzukaufen.

Einen Vorteil hat der Schnee: Der Nahe Osten leidet unter Trockenheit. Der Wassermangel nahm zeitweise dramatische Ausmaße an. Schnee kann auch Erholung sein.

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