zum Hauptinhalt
Positive Proben. In Labors werden Sprossen aus Bienenbüttel auf Ehec getestet.

© dpa

In NRW: Ehec-verseuchte Sprossen aus Bienenbüttel nachgewiesen

In der Mülltonne einer durch Ehec-Bakterien erkrankten Familie in Nordrhein-Westfalen haben die Behörden Sprossen mit dem aggressiven Erreger gefunden. Sie stammen vom Biohof in Bienenbüttel.

Gefährliche Ehec-Bakterien sind in einer Packung Sprossen in Nordrhein-Westfalen nachgewiesen worden. Das teilte NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) am Freitag in Düsseldorf mit.

Es handelt sich um den aggressiven Serotyp O104. Allerdings war die Packung geöffnet und befand sich bereits in der Mülltonne eines Haushalts im Rhein-Sieg-Kreis. Zwei der drei in diesem Haushalt lebenden Familienmitglieder haben Sprossen verzehrt und sind Mitte Mai durch die Bakterien erkrankt.

Die Sprossen stammen laut Ministerium nach den bisherigen Erkenntnissen aus dem Betrieb im niedersächsischen Bienenbüttel. Damit ist erstmalig eine ununterbrochene Kette mit dem Erreger O104 infizierter Sprossen aus dem Betrieb in Bienenbüttel und erkrankten Personen hergestellt.

Am Morgen der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Burger, sich bereits festgelegt, dass die zum Teil tödlichen Darminfektionen in Deutschland auf den Verzehr von Sprossen zurückzuführen seien.

Die wegen der Ehec-Epidemie geltende Warnung vor dem Verzehr roher Tomaten, Gurken und Blattsalate ist hingegen aufgehoben. Die Warnung für Sprossen bleibt bestehen.

Die Zahl der Neuerkrankten sinkt langsam, und die Zahlen der Fahnder weisen weiterhin eindeutig in Richtung Niedersachsen und auf die Sprossen. Doch bei der intensiven Suche nach dem gefährlichen Ehec-Erreger, an dem mittlerweile mindestens 29 Menschen in Deutschland gestorben sind, gibt es noch immer nicht den letzten Beweis. Täglich finden die Fahnder aber Hinweise, das Verbraucherministerium in Niedersachsen spricht stolz davon, dass der Biohof in Bienenbüttel bei Uelzen der „mikrobiologisch am besten untersuchte Betrieb in ganz Europa ist“.

In Deutschland sind bisher rund 5000 Proben in Zusammenhang mit Ehec untersucht worden, in Bienenbüttel nach Angaben der niedersächsischen Behörden allein 800. Der Betrieb wurde komplett auf den Kopf gestellt. Nicht nur die Sprossen wurden untersucht, sondern auch Saatgut, Dünger, Wasser, Arbeitsmaterial und Mensch und Tier.

Die Fahnder haben von 41 Ehec-Clustern in Deutschland über zehn so genannte „Hot Spots“ ausgemacht, die direkt zum Sprossenhof führen. „Eine wasserdichte Spur“, nennt das ein Sprecher des Ministeriums. Puzzleteile dieser Spur sind ein Golfklub aus Lüneburg, Kantinen in Rotenburg/Wümme, Bochum, Darmstadt, Frankfurt und Cuxhaven sowie der Kartoffelkeller in Lübeck. Hier haben sich immer mehrere Menschen infiziert. Hinzu kommen Einzelpersonen, die in Restaurants gegessen haben, die wiederum vom Hof beliefert wurden.

Mittlerweile machen die direkten Befragungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) bei den Ermittlungen für die Experten auch kaum noch Sinn, weil keine objektiven Antworten mehr zu erwarten seien, wie ein Insider sagt. Das Thema Sprossen sei einfach zu präsent. In der ersten Studie waren es nur 28 Prozent der Befragten, die angaben, Sprossen gegessen zu haben. Die dritte Verzehr-Studie ist noch nicht ausgewertet.

„Die Sprossentheorie ist plausibel, wenn Sie sich die Vertriebswege anschauen“, sagt Klaus Stark, Leiter der Infektionspidemiologie am Institut. Es sei aber nicht auszuschließen, dass auch andere Lebensmittel über die selben Wege vertrieben wurden. „Deshalb analysieren wir auch innerhalb dieser Cluster, ob Erkrankte besonders häufig Gerichte mit Sprossen gegessen haben im Vergleich zu Menschen, die nicht erkrankt sind." Dafür gehen die Ermittler mittlerweile direkt in die Restaurants, sprechen mit den Köchen und fragen danach, wie diese bestimmte Gerichte zubereitet haben. Mit dieser Information werden wiederum die Patienten konfrontiert, und es wird gefragt, welches Gericht die Ehec-Infizierten bestellt haben. So versprechen sich die Fahnder objektivere Aussagen als durch den Fragebogen.

Außerhalb des Biohofes haben die niedersächsischen Experten 400 Proben von sämtlichen niedersächsischen Gemüsebauern genommen und sich die Vertriebswege von 70 Zwischenverarbeitern und Caterern angeschaut. Über einen Caterer fand man etwa heraus, dass es eine weitere Häufung von Ehec-Fällen nach einer Familienfeier im Landkreis Göttingen gab. Die Sprossenlieferung stammte aus Kassel, auch dort sind weitere Personen erkrankt.

Der Biohof in Bienenbüttel im Kreis Uelzen ist inzwischen trotzdem komplett gesperrt und darf kein Gemüse mehr in den Handel liefern, wie Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) in Hannover sagte. Bisher galt das Verkaufsverbot nur für Sprossen. Der Betrieb sei nun definitiv als Hauptauslöser für die Erkrankungswelle ausgemacht worden, heißt es. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false