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© AFP

Indien: Wild gewordene Affen terrorisieren Neu Delhi

In Neu Delhi werden wilde Affen durch die wachsende Stadt aus ihrem natürlichen Lebensraum vertrieben und greifen immer wieder Menschen an. Nun eskaliert die Lage: Es gibt einen Toten und viele Verletzte.

Ein einzelner aggressiver Affe hat in der indischen Hauptstadt Neu Delhi mehr als zwei Dutzend Menschen verletzt. 25 Personen sollen seit Samstag gebissen oder beim Weglaufen verwundet worden. Ein Opfer liegt mit lebensgefährlichen Verletzungen im Krankenhaus. Inzwischen gelang es, das Tier einzufangen. Es soll nun in einen Wildpark gebracht werden.

Der Affe war nach Angaben eines Behördensprechers für die Bevölkerung ein "wirklicher Terror": Viele Einwohner hätten sich in den vergangenen Tagen nicht getraut, ihre Häuser zu verlassen.

Das ist beileibe keine Einzelfall. Am vergangenen Wochenende wütete eine Affenbande in einem Wohnviertel im Osten der Hauptstadt. Das Chaos sei von nur drei oder vier Affen angerichtet worden, sagte Polizeisprecher Jaspal Singh. Die Polizei selbst habe leider gar keine Erfahrung mit Affen: "Wir werden mit wild gewordenen Bullen fertig - aber mit Affen ist das schwieriger."

Stellvertretender Bürgermeister erleidet tödliche Verletzungen

Die Rhesus-Makaken terrorisieren die Bewohner Neu Delhis schon seit langem: Ihre Zahl wird auf zehn- bis zwanzigtausend geschätzt. Immer wieder suchen sie Regierungsbüros, Gerichte, Polizeiwachen und sogar Krankenhäuser heim - ganz zu schweigen von ihren Überfällen auf Wohnviertel. Ende Oktober wuchs sich die Plage zum handfesten Skandal aus, als Vize-Bürgermeister Sawinder Singh Bajwa ums Leben kam, als er die Affen von seinem Grundstück verjagen wollte. Seine Familie berichtet, er habe zeitunglesend auf dem Balkon gesessen, als vier Affen auftauchten. Als der 52-Jährige die Makaken mit einem Stock vertreiben wollte, stürzte er über die Balkonbrüstung in die Tiefe - im Krankenhaus erlag er dann seinen Kopfverletzungen.

Für Naseema aus Neu Delhi verlief die Begegnung mit den Affen glimpflicher, doch auch sie ist schockiert: "Ich habe abends gegen 23 Uhr noch mit jemand an der Haustür geplaudert, als plötzlich ein Affe auftauchte",sagte sie der "Times of India": "Als ich reinging, kam der Affe hinterher und biss mein Baby ins Bein." Am Montag wurden aus dem Wohngebiet Shastri Park neue Affen-Attacken gemeldet - sechs Menschen wurden hier gebissen. Und in einem Nobelviertel in der Innenstadt wagte sich ein Affe dem "Indian Express" zufolge auf das Anwesen von Priyanka Gandhi vor, Tochter der Chefin der regierenden Kongresspartei Sonia Gandhi.

Nachbarregionen haben Angst vor plündernden Affen

Schon 2001 reichten die Bewohner verschiedener Wohnviertel von Neu Delhi bei Gericht Petitionen ein, um die Stadt "affenfrei" zu machen, im Mai dann verlangten Abgeordnete Schutz vor den Plagegeistern. Zu einer Entspannung der Lage führte das nicht: "Wir versuchen sie zu fangen, aber wir haben zu wenig Affenfänger - deshalb können wir nicht mit Vollgas durchstarten", sagt A. K. Singh von der Stadtverwaltung Neu Delhi. Obendrein gibt es nur ein Budget von zehn Millionen Rupien (rund 173.000 Euro), um die Rhesus-Makaken einzufangen und auf einem alten Minengelände am Rande der Stadt wieder auszusetzen. Die Nachbarregionen weigern sich inzwischen, die Affen in ihren Wäldern auszusetzen - mit der Begründung, dass die Stadtaffen ihre Artgenossen dort terrorisieren und obendrein in umliegenden Dörfern plündern.

Eine Ende des Affentheaters in Neu Delhi ist also nicht in Sicht. Bürgermeister Aarti Mehra gibt zu, dass die Behörden eine längst verlorene Schlacht kämpfen. "Wir haben weder die Erfahrung noch die Infrastruktur", um der Affenbanden Herr zu werden, sagt er. Die Affen mit Gewalt verjagen oder gar zu erlegen, steht ohnehin nicht zur Debatte: Gläubige Hindus betrachten sie als Verkörperung des Affengottes Hanuman, der für Stärke steht. (mit dpa)

Penny MacRae[AFP]

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