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Panorama: Innenminister will Clubs um 24 Uhr schließen lassen

Müssen Türkei-Touristen in diesem Sommer auf nächtliches Tanzvergnügen verzichten? Mit der Forderung, dass laute Musik in Kneipen und Clubs um Mitternacht verstummen müsse, hat der türkische Innenminister Sadettin Tantan einen Aufschrei der Empörung ausgelöst.

Müssen Türkei-Touristen in diesem Sommer auf nächtliches Tanzvergnügen verzichten? Mit der Forderung, dass laute Musik in Kneipen und Clubs um Mitternacht verstummen müsse, hat der türkische Innenminister Sadettin Tantan einen Aufschrei der Empörung ausgelöst.

Während Tantan darauf pochte, dass bestehende Gesetze in allen Teilen der Türkei und damit auch in den Urlauberhochburgen an der West- und Südküste gelten, rauften sich Vertreter der Fremdenverkehrsindustrie verzweifelt die Haare. Sie befürchten, stille Nächte in Antalya, Bodrum und anderswo könnten in- und ausländische Besucher abschrecken. Auch das Tourismusministerium reagierte alles andere als erfreut: Nun ist der Innenminister beim Disko-Krieg im Kabinett in die Defensive geraten.

Tantan begründete seine Forderung mit einer Vorschrift im Strafgesetzbuch. Diese sehe vor, dass nach 24 Uhr keine lauten Geräusche mehr erlaubt seien, die Nachbarn und Mitbürger stören könnten. Die Regelung ist nicht neu, nur wurde sie bisher vielerorts ignoriert. Um ganz deutlich zu machen, wie ernst es ihm diesmal sei, nannte Tantan als Beispiele den beliebten Urlaubsort Bodrum im Westen und die abgelegene Stadt Hakkari im äußersten Südosten der Türkei: "Es gibt keinen Unterschied zwischen Bodrum und Hakkari", betonte er - die Musik müsse zu Mitternacht überall abgestellt werden.

Das sehen die türkischen Touristikunternehmer ganz anders: "Es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen Bodrum und Hakkari", entgegneten Vertreter der Branche dem Minister: "Kein Mensch fährt zum Vergnügen nach Hakkari." Wenn Tantan wirklich die Musik um 24 Uhr abstellen wolle, könne er gleich ganz Bodrum dichtmachen. Es ist kein Wunder, dass der Vorstoß Tantans bei der Fremdenverkehrsindustrie für helle Aufregung sorgt. Nach einer durch den Fall Öcalan und die schweren Erdbeben völlig verhagelten Saison 1999 hofft die Branche in dieser Sommersaison auf die Rückkehr der Urlauber und auf Einnahmen von umgerechnet 20 Milliarden Mark. Für Städte wie Bodrum mit seiner großen Freiluft-Diskothek "Halikarnas" und vielen Straßencafes und Kneipen ist es wichtig, unternehmungslustigen jungen Besuchern auch nachts etwas bieten zu können. Tantans Warnung wirkte für die Urlaubsbranche deshalb wie ein Tiefschlag. "In Bodrum fängt das Leben doch nach Mitternacht überhaupt erst an", sagte der Chef des türkischen Reisebüroverbandes, Barasan Ulusoy.

Das türkische Touristmusministerium, das von Tantans konservativem Ministerkollegen Erkan Mumcu geführt wird, machte ebenfalls Front gegen den Innenminister. Vorschriften in Fremdenverkehrseinrichtungen seien Sache des Tourismus- und nicht des Innenministeriums, sagte ein Mitarbeiter Mumcus: Die Musik dort könne bis morgens um vier spielen.

Konfrontiert mit der Welle der Kritik, schlug der Innenminister jetzt einen Kompromiss vor. Die Stadträte könnten die Vorschriften gegen nächtliche Ruhestörung selbst den örtlichen Gegebenheiten anpassen, sagte er. Zumindest in den Touristenzentren dürfte dieser Spielraum voll ausgeschöpft werden: Die heißen, langen und lauten Nächte in Bodrum und Antalya könnten also doch noch gerettet werden.

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