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Best Friends. Thomas Gottschalk (links), 63, und Günther Jauch, 57, sind seit 30 Jahren eng befreundet.

© Friese/RTL

Interview mit Gottschalk und Jauch: „Günther ist der Schlaue, ich bin der Hübsche“

Wie sich die Moderatoren Thomas Gottschalk und Günther Jauch ihre gemeinsame neue RTL-Show „Die 2“ vorstellen – ein Gespräch. Die Show startet an diesem Montag um 20 Uhr 15.

Herr Jauch, was genau ist das Konzept von „Die 2 – Gottschalk & Jauch gegen Alle“?

JAUCH: Im Grunde können wir das nur grob erklären, weil wir außen vorgehalten werden. Grundidee ist: Wir beide treten gegen 500 Menschen im Saal, beziehungsweise in ganz Deutschland, die per SMS und Telefon mitmachen können, an. In einem Duell, das eine Mischung darstellt aus Wissens- und Schätzaufgaben sowie verschiedenen Aktionen.

GOTTSCHALK: Schön, dass mir das auch mal einer sagt. Dann kann ich endlich offiziell in einer Show auftreten, ohne geprobt zu haben. Das wird auch keine Veranstaltung, in der zwei Menschen beweisen wollen, was sie alles können und wissen. Nichts hassen die Zuschauer mehr als Klugscheißer, die zeigen wollen, was für Überflieger sie sind. Das Interesse, zwei leuchtenden Geistesgrößen beim Strahlen zuzusehen, ist begrenzt.

Aber der Wunsch nach dieser Art von Unterhaltung ist unbegrenzt?

GOTTSCHALK: Das wird sich ja herausstellen. Unser Scheitern kann im Einzelfall lustiger sein als das Gewinnen. Ich befinde mich an einem Zeitpunkt in meiner Karriere, wo ich nichts mehr beweisen will und niemandem mehr etwas beweisen muss.

Gibt es eine bestimmte Rollenteilung in der Show?

GOTTSCHALK: Klar: Günther ist der Schlaue, und ich bin der Hübsche. Wir kennen uns lange genug, um mit einer gewissen Reflexhaftigkeit zu erkennen, wann der andere dran ist. Futterneid ist nicht. Das ist Voraussetzung für entspanntes Fernsehen. Ich habe ja inzwischen ein anderes Verständnis von Fernsehunterhaltung als das, was ich heute als solche vorgesetzt bekomme. Schadenfreude des Publikums ist in Ordnung, aber nicht, weil die Bauchdecke von Jürgen Drews getackert wird, sondern weil der Gottschalk was nicht weiß, was der Jauch weiß. Oder beide sich blamieren. Die gleichen Zuschauerreflexe, die schon bei Peter Frankenfeld funktioniert haben, funktionieren heute auch noch.

JAUCH: Bei uns sollen sich schon Kompetenzen ergänzen. Wenn ich bei Bayreuth und Hollywood eher Thomas das Feld überlasse, kann ich zwischen FDP und Grünen noch eine Unterscheidung herstellen. Das klassische Examinieren wird aber nicht im Vordergrund stehen.

GOTTSCHALK: Nein, auf keinen Fall. Die Leute im Saal und zu Hause sollen eine reelle Chance haben mitzuspielen. Der Spaß, uns scheitern zu sehen, muss im Vordergrund stehen.

Das ist doch im Grunde die x-te Challengeshow. Brauchen wir das?

GOTTSCHALK: Brauchen wir das x-te Fußballspiel, wo 22 Männer hinter einem Ball herlaufen? Sie laufen halt jedes Mal anders und mit unterschiedlichem Ausgang. Ich bin schon in den späten Siebzigern in meiner Radioshow gegen Hörer angetreten.

JAUCH: So lange die entsprechende Nachfrage existiert, wird die Challenge-, die Quizshow gebraucht.

Na ja, aber werden Sie noch von allen Zuschauern gebraucht? Die junge Generation erreichen Sie beide ja nicht mehr.

GOTTSCHALK: Haben Sie ’ne Ahnung, mir hat gerade eine Vierzehnjährige hinterhergerufen „Das wäre super, wenn du mein Opa wärst.“ Das reicht mir. Ob Opa, Uroma oder Alm-Öhi, völlig wurscht, so lange mir jemand zuschaut. Es läuft ohnehin in unsere Richtung: Deutschland wird älter und nicht jünger. Was ich mir aber wünsche, das ist die amerikanische Haltung bei TV-Unterhaltung: Die Zuschauer reagieren dort auf so was mit großer, fröhlicher Naivität. Und die Medien ebenfalls. Man erkennt dort, dass es sich um Seifenblasen handelt. In Deutschland fliegt stattdessen ein Pflasterstein, der dann besprochen und analysiert werden muss. Aber keine Sorge, ich bin darüber nicht depressiv geworden.

Aber „Die 2“, das ist schon die letzte Ausfahrt Malibu für Sie, oder?

GOTTSCHALK: Schöner Gedanke, so sollten Sie das schreiben.

JAUCH: Wo die Ausfahrt zur Sackgasse wird, hoho.

GOTTSCHALK: Ich habe meine Frau gefragt: Wollen wir unser Haupt am Rhein betten und alle, die vorbeisegeln, rufen „Haribo“, oder sollen wir unerkannt durch Malibu schleichen. Die Leute wissen dort nicht so recht, ob ich ein alternder Pornoproduzent bin oder ein deutscher Intellektueller. Ob man mir hier irgendwann nachweint oder nachlästert, das kann mir also egal sein. Ich habe allerdings immer noch genügend Spielfreude, mich auf was Neues einzulassen. Was ich nicht mehr versuchen werde, das ist „Gottschalks neue Show“. Nennen Sie es Event-Moderation. Die Nummer muss mit mir richtig besetzt sein. Da habe ich mich zwischendurch verkalkuliert, aber das passiert auch anderen, denken Sie nur an Johnny Depp: Der war als Pirat großartig, kaum hat er statt einer Augenklappe eine Feder im Haar, stürzt er mit „Lone Ranger“ ab. Ich glaube, mit der Nummer jetzt liege ich wieder richtig. Ich habe ja nicht RTL gefragt, ob ich darf, RTL hat mich gefragt, ob ich möchte.

Könnten Sie ohne Fernsehen leben?

Würden Sie noch mal eine alte Gottschalk-Show machen, zum Beispiel „Wetten, dass..?“

GOTTSCHALK: Nein. Ich habe nicht immer alles richtig gemacht, aber ich habe nichts falsch gemacht. Das Ende von „Wetten, dass...?“ kam zum richtigen Zeitpunkt. Ich wäre, was die Zuschauerzahl angeht, heute auch nicht weiter als Markus Lanz. Gewisse Unterhaltungsformate haben ihren Glanz etwas verloren, darüber muss keiner weinen.

JAUCH: Diese Dinosaurier-Fragen treffen ja auch mich: Wann fährt der in die Parkgarage seines Privatlebens? Ich sehe diese ganz großen, existenziellen Probleme des Fernsehens nicht. Ich gebe zu, ich stehe keiner Sendung mehr mit der Haltung gegenüber: Das ist der Hochaltar. Das wird noch ein, zwei Mal im Jahr geschafft, wenn Bayern gegen Dortmund in der Champions League spielt. Wir bieten mit „Die 2“ immerhin ein Experiment an: Wir beide wieder zusammengespannt in einer Livesendung mit hohem technischen Risiko. Ich gehe da mit einer Versuchsattitüde ran. Wenn wir uns am Montag auf der Flughöhe von „Wer wird Millionär?“ mit rund fünf Millionen Zuschauern bewegen, dann hat alles zusammengepasst. Wir sind nicht suizidgefährdet. Ein Erfolg wird mein Leben nicht ändern. Ein Misserfolg auch nicht. Wir gehen mit aller Kraft ran, aber nicht mit der Alles-oder-Nichts-Haltung.

Könnten Sie beide leben, ohne Fernsehen zu machen?

JAUCH: Ja

GOTTSCHALK: Ja. Wobei meine Frau da keinen Unterschied bemerkt. Ich moderiere ja durchgängig und bin im Fernsehen nicht anders als im Leben. Das ist ja meine Tragik.

JAUCH: Thomas arbeitet im Fernsehen ja auch deutlich exponierter, ich eher defensiver. Meine größte Kontinuität hatte ich in den 20 Jahren mit „Stern TV“. Nach wenigen Jahren interessierte sich kein Kritiker mehr für die Sendung, aber das Programm hatte über mehr als zwei Jahrzehnte Woche für Woche fast immer gleichbleibend hohe Einschaltquoten. Die Zuschauer haben die Sendung gern gesehen, Journalisten eher übersehen. Ein herrlicher Zustand.

Herr Jauch, haben Sie sich darüber gewundert, was Thomas Gottschalk im Fernsehen gemacht hat?

GOTTSCHALK: Der wundert sich über alles, was ich mache. Nicht nur im Fernsehen.

JAUCH: Ich habe ihm gesagt, er soll nach „Wetten, dass..?“ zwei Jahre lang dem Bildschirm fernbleiben. Ich habe ihm von allem abgeraten: von „Gottschalk live“ im Ersten, vom „Supertalent“ bei RTL. Nicht, weil ich es besser wusste, sondern weil ich geglaubt habe, dass eine Karenzzeit ihm nicht schadet, zweitens eine Auszeit die Sehnsucht der Leute nach Gottschalk steigert. Und weil ich von mir weiß: Ich hätte das gut ausgehalten. Ich habe aber unterschätzt, dass Thomas die Bühne nicht missen wollte.

GOTTSCHALK: Ich stehe dazu, dass ich im ARD-Vorabend trotz aller Warnungen etwas riskiert habe, das nicht geklappt hat. Berufsrisiko! Und das „Supertalent" hat mir den Zorn der Bildungsbürger, aber den Beifall der Facebook-Kids eingebracht. Ich bin Dienstleister und Gesichtsvermieter. Der Dienst ist härter und die Mieten sind günstiger geworden.

Herr Jauch, Sie haben sich als den Defensiveren bezeichnet. Aber bei der neuen RTL-Show „Die 2“ gehen Sie das größere Risiko ein. Haben Sie nicht Angst, mit Thomas Gottschalk in die Tiefe gerissen zu werden?

JAUCH: Die Latte liegt hoch, klar. Ich sehe das alles aber nicht so existenziell, wie Sie es uns einreden wollen. Ich habe Sendungen gemacht und produziert, die haben überhaupt nicht funktioniert. Die Erste-Hilfe-Show bei RTL zum Beispiel. Das muss ich dann hinnehmen wie Sonne und Regen.

GOTTSCHALK: Ich lasse mir auch diesen Versuch durch vorauseilende Angst nicht vermiesen und freue mich drauf. Mein letzter wird es nicht sein. Wann der fällig ist, werde ich schon bemerken. Hätte ich mich nach der Kritik der Medien gerichtet, hätte ich schon 1978 aufhören müssen. Ich muss auch meine Haut nicht retten – die ist, glaube ich, gerettet.

JAUCH: Wir sind, was das Fernsehen angeht, in die schönsten Jahrzehnte hineingeraten. Erst beim öffentlich-rechtlichen, dann beim Privatmedium. Wenn ich rückblicke, muss ich an Franz Beckenbauer denken. Bei einem Fußballspiel habe ich ihn mal gefragt: „Franz, hättest du nicht Lust, wieder da unten zu stehen?“. Da hat er gesagt: „Nie mehr kurze Hosen.“ So sehe auch ich bestimmte Epochen als abgeschlossen.

Apropos, Herr Jauch, werden Sie für RTL bei der Qualifikation zur Fußball-EM 2016 und WM 2018 wieder als Moderator arbeiten?

JAUCH: Ich bin da nicht gefragt worden. Bin im Moment auch sehr gut ausgelastet.

GOTTSCHALK: Also, ich würde es machen. Aber mich fragt ja keiner!

Das Interview führte Joachim Huber.

„Die 2 – Gottschalk & Jauch gegen Alle“, RTL, Montag, 20 Uhr 15

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