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Italien: Abhöraffäre zieht weite Kreise

In Italien sind nach Justizangaben zahlreiche prominente Politiker, Sportler und Wirtschaftsführer über Jahre hinweg Opfer eines illegalen Abhörrings geworden. Im Zusammenhang mit den Vorwürfen wurden 21 Verdächtige festgenommen.

Rom - Die Verzweigungen des Netzwerks reichten weit in die Sicherheitsbehörden und den Konzern Telecom Italia hinein, gab die Mailänder Staatsanwaltschaft bekannt. Unter den Festgenommenen seien der frühere Telecom-Sicherheitschef Giuliano Tavaroli, der Pirelli-Sicherheitschef Pierguido Iezzi sowie elf Beamte von Finanzpolizei und Carabinieri. Nach Presseangaben wurden tausende Italiener abgehört.

Den Festgenommenen werden Korruption und illegaler Zugriff auf Telefon- und Bankdaten zur Last gelegt. Die Daten dienten laut Staatsanwaltschaft als "Instrument für Druck, Drohungen und Erpressung in der Hand einer kleinen Gruppe". Dabei gewonnene vertrauliche Erkenntnisse seien weiterverkauft oder für Erpressungen genutzt worden, berichteten Zeitungen unter Berufung auf Justizangaben. Die Täter hätten auf diese Weise insgesamt 20 Millionen Euro eingenommen. Ermittler hätten auf beschlagnahmten Computern und in Unterlagen zehntausende Namen möglicher Opfer gefunden.

"Angriff auf die Demokratie"

Politiker von Regierung und Opposition zeigten sich erschrocken über die Enthüllungen und forderten eine gründliche Klärung. Besonders beunruhigend sei, dass "Telecom Italia eine der größten privaten Ausspähorganisationen beherbergte, die dieses Land je gesehen hat", sagte der Fraktionschef der an der Regierung beteiligten Kommunisten, Pino Sgobio. Die Rechtspolitikerin Alessandra Mussolini sprach von einem "Angriff auf die Demokratie". Mehrere Abgeordnete forderten, dass sich die Regierung von Romano Prodi vor dem Parlament zu der Affäre erklärt.

Medienangaben zufolge wurde das Abhörnetz zunächst bei Telecom Italia und deren Mutterkonzern Pirelli eingerichtet, um Angestellte zu überwachen. Dann sei es nach und nach ausgeweitet worden, bis schließlich Politiker, Geschäftsleute, Bankiers, Show-Größen, Fußballspieler und Schiedsrichter belauscht wurden. In italienischen Zeitungen wurde die Frage aufgeworfen, ob das weit verzweigte System ohne Wissen der Konzernspitzen von Pirelli und Telecom Italia hätte existieren können. Das Abhörnetz soll 1997 ins Leben gerufen worden sein.

Die Ermittlungen könnten auch neues Licht auf den Selbstmord des Telecom-Sicherheitsspezialisten Adamo Bove werfen, der im Juli von einer Brücke in den Tod gesprungen war. Bove soll vor seinem Tod von Ermittlern zu der Abhöraffäre befragt worden sein. (tso/AFP)

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