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Italien: Berlusconi und die Ware Frau

Italiens Justiz ermittelt, wer hinter den Gespielinnen von Regierungschef Berlusconi steht. Dem Ministerpräsidenten indes scheinen die Geschichten um mögliche Affären nicht zu schaden - beinah täglich kommen neue hinzu.

Zweitausend Euro Lohn? Für eine Nacht mit Berlusconi? Die Geschichten über die Affären des italienischen Regierungschefs hören einfach nicht auf. Nach der Geburtagsparty mit der 18-jährigen Noemi, die ihn „Papi“ nennt, nach dem ungezwungenen Treiben junger Frauen in Berlusconis Luxusvilla, nach der Beschlagnahmung womöglich kompromittierender Paparazzi-Fotos haben Italiens Zeitungen einen neuen Fall aufgetan.

Eine blonde 42-jährige Frau aus Bari behauptet, zusammen mit anderen Models zu einer Party in Berlusconis römischem Wohnsitz eingeladen worden zu sein. Zweitausend Euro seien dafür vereinbart gewesen; die Dame kennt ihren Preis: sie hat früher als Prostituierte gearbeitet, jetzt im Eskort-Service. Aber da sie in der ersten Nacht nicht geblieben sei, habe sie nur die Hälfte erhalten. Und in der zweiten, tatsächlich bei Berlusconi verbrachten, da wollte sie lieber, dass der Regierungschef ihr die Baugenehmigung für eine „Residenz“ in Bari verschaffte. Sagt sie, Patrizia D’Addario, in der Zeitung „Corriere della Sera“. Beweisen kann sie’s angeblich auch: „Seit ich mal Schwierigkeiten hatte mit einem Typ, habe ich immer ein Aufnahmegerät dabei.“

„Alles Müll, was da in den Zeitungen steht“, tobt Berlusconi. Sein Leib- und Magen-Anwalt Niccolò Ghedini reagiert da schon subtiler: „Das Ganze ist doch lächerlich. Berlusconi, der 24 Stunden am Tag arbeitet, der reich ist an Geld, an Sympathie und Lebenslust – er soll es nötig haben, einem Mädchen 2000 Euro zu zahlen, damit sie zu ihm kommt? Das erscheint mir etwas zu viel. Ich denke, dass er von denen (den „Mädchen“, d. Red.) große Mengen haben könnte, und zwar umsonst.“

Polizei hörte dubiosen Unternehmer ab

Die Geschichte ist ans Licht gekommen, weil die Justiz gegen jenen Unternehmer ermittelt, der die Models für Berlusconi engagiert haben soll. Der 34-Jährige produziert künstliche Gelenke, Platten und Nägel zum Heilen komplizierter Knochenbrüche. Den Umsatz seiner Firma hat er innerhalb von drei Jahren verdoppelt. Die Finanzpolizei erforscht nun, ob das alles mit rechten Dingen zugegangen ist, oder ob die lukrativen Verträge mit dem staatlichen Gesundheitssystem auf gewissen Gegenleistungen beruhten.

Im Zug der Ermittlungen hat der Staatsanwalt auch die Telefone des Unternehmers abhören lassen, und als dieser mit den „Mädchen“ prahlte, die er zum Regierungschef geführt habe, da kam Berlusconi ins Spiel.

Stecken Justiz und Linke womöglich wirklich unter einer Decke?

Ergänzend spürte Patrizia D’Addario, die Kronzeugin, von sich aus den Drang, an die Medien zu gehen. Sie sagt, zuerst habe ihr Berlusconis Partei einen Platz auf der Kandidatenliste für die Europawahl versprochen. Dann aber, als Berlusconis Frau Veronica über die „Showgirls“ herzog, die lediglich zum „schamlosen Spiel um die Macht“ aufgestellt würden, sei sie mit 30 anderen ihres Typs von der Liste gestrichen worden. „Da hat einer sein Versprechen nicht gehalten.“

Die Enthüllungen sind diesmal auch für Berlusconis Gegner peinlich. Denn Massimo D’Alema, erprobter Intrigenspieler unter den Linken, sagte vor ein paar Tagen „neue Erschütterungen“ für Berlusconi voraus; die Opposition solle sich „bereit machen zur Übernahme der Verantwortung“. Kannte D’Alema die Ermittlungen aus Bari? Stecken Justiz und Linke womöglich wirklich unter einer Decke? Berlusconi jedenfalls behauptet das andauernd – und diesmal steckt die Linke tatsächlich in Erklärungsnöten.

Berlusconi erregt Bewunderung - gerade bei Wählerinnen

Am Sonntag sind Stichwahlen in ein paar tausend Gemeinden und Provinzen, außerdem sollen die Italiener über eine Änderung des Wahlrechts abstimmen, die Berlusconis Partei bei der Mandatsverteilung stark begünstigen würde. Die Enthüllungen aus Bari sind in Italien nicht die ersten, die punktgenau zu einem Wahltermin lanciert werden.

Ob sie Berlusconi schaden, steht dahin. Bei der Europawahl und der ersten Runde der Kommunalwahl vor zwei Wochen hat er zwar sein Ziel („40 Prozent plus x“), klar verfehlt; trotz der „Affäre Noemi“ aber hielt sich der Stimmenrückgang mit zwei Punkten in engen Grenzen. Ob die Frauengeschichten oder politischen Fragen daran schuld sind, ist offen. Bisher jedenfalls erregt Berlusconi als Mann, der viele Frauen hat, durchaus Bewunderung – erstaunlicherweise selbst und gerade bei weiblichen Wählern.

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