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Silvio Berlusconi

© AFP

Italien: Berlusconis Anklägerin sieht Prostitution

Mehrere Stunden lang plädierte die Staatsanwältin in Mailand gegen Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi. Er sei "ohne jeden Zweifel" schuldig - und solle sechs Jahre ins Gefängnis. Schließlich hätte er wissen müssen, dass "Ruby" noch minderjährig war.

Wie groß seine Angst vor einer Verurteilung ist, zeigte Silvio Berlusconi am Wochenende. Zum einen versammelte er, was immer an Parteigrößen und Ministern greifbar war, zu einer Protestkundgebung „gegen die politisierte Justiz“ im norditalienischen Brescia, zum anderen strahlte das Flaggschiff seiner Fernsehkette, Canale 5, am Sonntagabend eine zweistündige „Dokumentation“ darüber aus, dass Berlusconi auf keinen Fall bezahlten Sex mit der minderjährigen „Ruby Rubacuori“ gehabt haben konnte, und dass er auch nicht die Mailänder Polizeibehörden zu Rubys Freilassung erpresst hatte.

Beides bekam Berlusconi dafür am Tag danach umso massiver vorgehalten: In ihrem stundenlangen Plädoyer vor dem Mailänder Tribunal hielt Staatsanwältin Ilda Boccassini den früheren Ministerpräsidenten „ohne jeden Zweifel“ für schuldig: Ein „System von Prostitution“ habe dieser in seiner Villa unterhalten, sagte die 63-jährige Hauptanklägerin des 76-jährigen Ex-Ministerpräsidenten. Und dass Ruby, der er zwischen Valentinstag und Mai 2010 „jede freie Minute“ widmete, damals minderjährig war, das habe Berlusconi genauso wissen müssen. Die Staatsanwältin fordert sechs Jahre Haft für Berlusconi und seinen lebenslangen Ausschluss von allen Ämtern.

Die Nacht, um die es dem Gericht geht, ist jene vom 27. auf den 28. Mai 2010. Da greift die Polizei in Mailand eine 17-jährige Marokkanerin namens Karima El-Mahroug auf. Ihre Wohnungsgenossin, eine Italienerin aus dem Eskort-Gewerbe, hat sie des Diebstahls angezeigt. Sie selber, sagt El-Mahroug den Beamten, verdiene ihr Geld mit Bauchtanz und dem Künstlernamen „Ruby Herzensbrecherin“. Die diensthabende Staatsanwältin für Jugendsachen befindet, Minderjährige gehörten nicht auf die Straße, schon gar nicht ins Rotlichtmilieu. Die Juristin versucht die schon mehrfach von zuhause und aus Pflegefamilien ausgerissene Ruby in eine „geschützte Wohngemeinschaft“ einzuweisen.

Soweit ist es ein Fall wie viele. Jedenfalls – so weist es Staatsanwältin Boccassini haarklein nach – bis um 23.48 Uhr. Da erhält der Stabschef des Mailänder Polizeipräsidiums zu Hause einen höchst ungewöhnlichen Anruf: Berlusconi ist dran; er habe gehört, man habe eine junge Frau festgesetzt; diese sei aber eine nahe Verwandte des (damaligen Staatschefs von Ägypten) Hosni Mubarak, und um politische Verwicklungen zu vermeiden, müsse die Frau freigelassen werden; er, Berlusconi, schicke eine Vertrauensperson zur Abholung vorbei. Und so soll es dann auch kommen.

Nachdem sie sich anfangs mit ihrer Nähe zu Berlusconi so gebrüstet hat, sagt Ruby seit einiger Zeit, sie habe nie Sex mit Berlusconi gehabt. Dieser wiederholt, er habe nie eine Frau für Sex bezahlt. Boccassini ist „ohne jeden Zweifel“ vom Gegenteil überzeugt. Ob sie das Gericht überzeugen konnte, wird sich in den kommenden Tagen zeigen.

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