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Klinikin Mailand

© AFP

Italien: Makabre Details zu Mailänder "Horror-Klinik"

Viele Italiener sind geschockt. Von derartig kriminellen Zuständen in einer Mailänder Klinik hätten sie nicht zu träumen gewagt. Es wurden Lungenflügel ohne triftigen Grund entfernt, einige Menschen starben. Der Grund: Habgier.

Erfundene Tumore, überflüssige Brust-Amputationen und unnötige Entfernungen von Lungenflügeln: Die makabren Details, die aus der Privatklinik "Santa Rita" in Mailand an die Öffentlichkeit dringen, setzen selbst in Italien - einem Land, das an Missstände im Gesundheitswesen wahrlich schon gewöhnt ist - neue Maßstäbe. Der Stiefel-Staat hat einen neuen Skandal, dem die Zeitungen landauf, landab ganze Seiten widmen. "Horror-Klinik", titelte die Zeitung "Corriere della Sera" am Mittwoch, die Turiner "La Stampa" sprach von einem "Massaker an unschuldigen Menschen".

14 Ärzte der Abteilung Chirurgie sowie der Inhaber, ein Notar aus Sizilien, wurden mittlerweile festgenommen, zwölf von ihnen stehen unter Hausarrest. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Die Mediziner sollen sich durch die überflüssigen Eingriffe an ahnungslosen Patienten um insgesamt 2,5 Millionen Euro bereichert haben.

20 Todesfälle werden untersucht

Zwei der Ärzte stehen unter dem Verdacht des Totschlags in mindestens fünf Fällen sowie schwerer Körperverletzung in 86 Fällen. Jedoch geht die Staatsanwaltschaft mittlerweile 20 mysteriösen Todesfällen in der Klinik nach, darunter sind viele ältere Menschen, die sich ohne triftigen Grund unters Messer legen mussten und während der OP starben. "Es müssen ja nicht alle Leute 120 Jahre alt werden, oder?", witzelte einer der Ärzte in einem abgehörten Telefongespräch über den Fall eines 80-Jährigen, dessen Herz während eines solchen Eingriffs stehen geblieben war.

Die ehemaligen Patienten sind fassungslos. Einem 64-Jähriger, der sich wegen Blasenproblemen an die Klinik gewandt hatte, wurde in einer "Not-OP" ein Lungenflügel entfernt, nachdem die Ärzte einen Schatten auf dem Röntgenbild festgestellt hatten. Jedoch warteten die Chirurgen nicht einmal die Labor-Untersuchungen ab. Später stellte sich heraus, dass der Knoten gutartig war.

Eine Brust mit Krebs bringt 5000 Euro

Einem 54-jährigen Italiener erging es ähnlich. Eigentlich war er wegen eines Bandscheibenvorfalls ins Krankenhaus gegangen, heraus kam er ebenfalls ohne Lungenflügel. Eine spätere Analyse ergab, dass der Eingriff unnötig war. "Ein Schlachter! Ich werde ihn verklagen!", erboste sich der Mann über den zuständigen Chirurgen Paolo Brega Massone. "Ich lasse mich nie wieder operieren!" Brega Massone gilt als Hauptverdächtiger in dem Skandal. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe.

Die Ermittler waren den Betrügern in der 276-Betten-Klinik durch Abhörmaßnahmen auf die Spur gekommen. Teile der schier unglaublichen Telefongespräche zwischen Ärzten der "Clinica Santa Rita" wurden jetzt von Medien veröffentlicht. "Eine Brust ist eigentlich nicht viel wert, aber wenn sie Krebs hat, dann bringt sie 5000 Euro", heißt es da. Tatsächlich soll 15 Frauen - darunter einer 18-Jährigen - in dem Krankenhaus die Brust entfernt worden sein, während eine Gewebeuntersuchung völlig ausgereicht hätte.

Carola Frentzen[dpa]

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