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Italien: Mutter hält Tochter 30 Jahre versteckt

Eine Mutter im italienischen Pescara hat ihre geistig behinderte Tochter 30 Jahre lang im Badezimmer versteckt. Die heute 52-Jährige musste in dem winzigen Bad unter unvorstellbaren Bedingungen leben. Ganz Italien ist entsetzt.

Rom - Die behinderte Frau musste in dem winzigen Bad auf einer Campingliege schlafen, bekam ihr Essen in einem Hundenapf und wurde einmal im Monat mit einem Gartenschlauch kalt abgeduscht, berichteten italienische Medien am Mittwoch. «Wir meinten zuerst, wir könnten unseren Augen nicht trauen», sagten die Polizisten bei der grausigen Entdeckung. Die Mutter habe zur Begründung gesagt, sie habe sich wegen der Behinderung ihres Kindes geschämt. Die Tochter wurde in ein Heim gebracht.

Ganz Italien ist entsetzt, Zeitungen berichteten in großer Aufmachung über den Fall. «Eine Geschichte des Grauens», schrieb das römische Blatt «La Repubblica». Zärtlich nennen die Medien das Opfer «Giuseppina», Josephina. Was besonders schockiert: Ganz offenbar war die Gefangenschaft im sechsten Stockwerk eines Mietshauses in der Adriastadt für Nachbarn und Verwandte kein Geheimnis. «Viele wussten davon, doch sie schwiegen», kritisierte das Blatt. Erst kürzlich habe es eine Anzeige gegeben.

«Wir konnten erst gar nicht glauben, dass die Vorwürfe wahr sind», kommentierte ein Polizist nach der Befreiung der Behinderten. Als die Polizei «Giuseppina» entdeckte, habe sie auf der Toilettenschüssel gesessen und aus Furcht vor Schlägen die Arme über dem Kopf erhoben. Sie sei ganz in Schwarz gekleidet gewesen, in ihren Augen hätten die Polizisten die nackte Angst erblickt.

«Giuseppina» sei seit der Geburt geistig schwer behindert und zudem so gut wie blind. Die cholerische und aggressive Mutter habe ihre Tochter regelmäßig mit einem Stock verprügelt, hieß es weiter. Das Badezimmer sei lediglich drei Meter lang und zwei Meter breit gewesen, elektrisches Licht gab es nicht - ein Albtraum. Erstaunlich sei auch, dass die Wohnung ansonsten keinen verwahrlosten Eindruck gemacht habe. «Die Wohnung sei gut in Schuss und sauber gewesen», heißt es. Doch selbst der Hund habe es besser gehabt als die Behinderte.

Die Odyssee der Behinderten begann den Angaben zufolge bald nach der Geburt. Zunächst sei das Kind in ein Heim gekommen. Als es etwa zehn Jahre alt war, habe sie eine Tante aufgenommen. Als diese starb, sei «Giuseppina» zur Mutter gekommen. Die 30-jährige Gefangenschaft begann. Erst seit zwei Jahren sei das Opfer wenigstens einmal pro Monat nach draußen «in die Welt» gekommen, wenn sie die Mutter auf das Postamt begleiten musste. Dort bekam die Mutter nämlich eine Invalidenrente - für ihre Tochter. (Von Peer Meinert, dpa)

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