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Atomkraftwerk Kashiwazaki

© AFP

Japan: Atomaufsicht versagt bei Sicherheitsfragen

Im japanischen Atomkraftwerk "Kashiwazaki", dem größten Reaktor der Welt, war es nach schweren Erdbeben am Montag zu Pannen gekommen. Ein Transformator brannte, radioaktives Wasser floss aus einem Leck. Hat die staatliche Atomaufsicht erneut versagt?

Nicht nur in Deutschland, auch in Japan sorgt das Problem der Atomsicherheit erneut für Schlagzeilen. Auslöser war diesmal das schwere Erdbeben am Montag im Nordwesten des Landes, bei dem es im dort betriebenen weltgrößten Atomkraftwerk zu radioaktiven Lecks und einem Brand in einem Transformator kam. Auch wenn es in der Vergangenheit schon vergleichsweise folgenschwerere Atomunfälle in Japan gegeben hat, so haben die Vorfälle in der Provinz Niigata doch erneut die Frage nach der Sicherheit japanischer Atomkraftwerke aufgeworfen.

Wieder wurden Rufe nach verschärften Sicherheitsmaßnahmen laut. Doch eine Umkehr in der japanischen Atompolitik ist weiterhin nicht in Sicht. Die im AKW Kashiwazaki-Kariwa gemessenen Erschütterungen in Folge des Bebens waren offenbar erheblich größer, als dies beim Bau einkalkuliert worden war. Zeitungen wie die konservative "Sankei Shimbun" forderten eine Überprüfung der Erdbebensicherheit in Atomkraftwerken. Die Regierung wies den Betreiber Tepco an, das AKW nicht in Betrieb zu nehmen, bevor die Sicherheit gewährleistet ist.

Staatliche Atomaufsicht versagt bei Sicherheitsfragen

Die Reaktionen ähneln denen nach früheren Zwischenfällen. Auch nach dem Unfall in einer Uranverarbeitungsanlage in Tokaimura, bei denen zwei Arbeiter als Folge von Kosteneinsparungen und dilettantischer Arbeit an massiver Verstrahlung starben, hatte die Regierung in Tokio versichert, die Atomsicherheit zu gewährleisten. Dennoch kam es weiter zu Pannen. "Seit über 20 Jahren sehen wir ein Versagen der staatlichen Aufsicht über die Atomindustrie, die nach wie vor nicht in der Lage ist, ihrer Selbstkontrolle ausreichend nachzukommen", sagte Martin Schulz, Ökonom am Fujitsu Research Institute in Tokio.

Seit langem setzt man in Japan auf das Modell der privaten Selbstkontrolle. Kritiker beklagen jedoch, dass dabei Sicherheitsbedenken oft den Profitabilitätserwägungen der Betreiber untergeordnet wurden. Zu staatlichen Eingriffen sei es immer erst nach größeren Zwischenfällen gekommen, jedoch ohne dass die staatliche Aufsicht der Atomindustrie systematisch verbessert worden wäre. So sind von den 55 Atommeilern im Lande derzeit nur 37 am Netz. Immer wieder werden Atomkraftwerke nach Beschwerden aus der Bevölkerung in Folge von Störfällen zu Überprüfungen heruntergefahren. Insbesondere in den Regionen, in denen sich die Atomkraftanlagen konzentrieren, gibt es spürbaren Widerstand in der Bevölkerung. Daher hat die Regierung auch erhebliche Schwierigkeiten, Standorte für Zwischen- und Endlager zu finden. Dennoch rechnen Beobachter damit, dass das von ausländischen Öllieferungen abhängige Japan, das derzeit rund ein Drittel seines Stroms aus Atomenergie gewinnt und mit rund 290 Milliarden Kilowattstunden drittgrößter Atomstromproduzent nach den USA und Frankreich ist, in den nächsten Jahren weitere Atomkraftanlagen einschließlich Schneller Brüter bauen wird. So sind bis zum Fiskaljahr 2018 weitere 13 Atommeiler geplant, zwei davon sind in Bau.

Deutlicher Trend zur Atomkraft

Schließlich gibt es in Asien wie auch weltweit wegen der momentanen Ölkrise und der globalen Klimaerwärmung einen deutlichen Trend zur Atomkraft. Dagegen dürfte auch der Widerstand in der örtlichen Bevölkerung in Japan wenig ausrichten, zumal im Vergleich zu Atomanlagen in anderen asiatischen Ländern die heimische Atomindustrie als sicher gilt - ungeachtet der Störfälle.

Lars Nicolaysen[dpa]

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