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Panorama: Japanischer Architekturstar Tange gestorben

Der japanische Architekt Kenzo Tange, einer der populärsten und bedeutendsten Baumeister der Gegenwart, ist tot. Er starb am Dienstag in Tokio im Alter von 91 Jahren an Herzversagen, wie seine Familie bekannt gab.

Tokio (22.03.2005, 12:28 Uhr) - Tange gilt als ein Bahnbrecher der neuzeitlichen Architektur, auch wenn sich in vielen seiner Werke jener unbegrenzte Fortschrittsglaube der Nachkriegszeit manifestierte, der heute oft als überholt gilt. Für eine ganze Generation japanischer Planer, die zur Weltspitze aufstiegen, war Tange ein Lehrer und Vorbild. Experten nennen ihn in einem Atemzug mit dem Brasilianer Oscar Niemeyer oder dem Schweizer Le Corbusier.

1913 als Sohn eines Bankmanagers auf der japanischen Insel Shikoku geboren, verbrachte Tange einen Teil seiner Kindheit im besetzten China. Nach dem Besuch der Oberschule in Hiroshima graduierte er 1938 an der Universität Tokio und arbeitete im Büro von Kunio Mayekawa, einem ehemaligen Mitarbeiter des französischen Architekten, Malers und Designers Le Corbusier (1887-1965).

Bereits früh versuchte der Japaner, avantgardistische Strömungen mit traditioneller Baukunst seiner Heimat zu kombinieren, wandte sich jedoch später immer mehr dem international praktizierten Architekturstil zu.

1949 wurde Tange zum Professor ernannt, promovierte aber erst zehn Jahre später mit einer Arbeit über die planerische Struktur von Tokio - ein Thema, das sein Lebenswerk wie ein roter Faden durchzieht. Vor allem in den 50er Jahren beeindruckte Tange mit seinem Konzept, das die Schlichtheit Le Corbusiers und Japans Bautradition verbindet. Das erste seiner Werke war 1949 das Friedenszentrum in dem von der Atombombe zerstörten Hiroshima als Bezugspunkt des Wiederaufbaus.

Zum ersten Mal verband er dabei die strengen und rhythmischen Linien traditioneller japanischer Baukultur mit den konstruktiven Elementen moderner westlicher Architektur. Das Bauwerk wurde zum Symbol des Friedens. In Japan entstanden danach viele Rathäuser, Stadthallen und Bürobauten nach seinen Plänen. Mehr noch als der Entwurf herausragender Einzelobjekte interessierte ihn die Wechselwirkung zwischen Mensch und Architektur. Seine städteplanerische Theorie des Metabolismus hatte großen Einfluss.

Weltweites Aufsehen erregte Tange mit seinem «Plan für Tokio» von 1960, in dem der Architekt ein außergewöhnliches Konzept zur Erweiterung der Millionenmetropole über der Wasserfläche der Tokioter Bucht mit Brücken, künstlichen Inseln und schwimmenden Parkdecks vorstellte. Darin warb er für eine Schwerpunktplanung mit herausragenden Einzelobjekten, um den baulichen Wildwuchs zu beenden. Viele dieser Ideen setzte er 1965 beim Wiederaufbau der erdbebenzerstörten Stadt Skopje im ehemaligen Jugoslawien um.

Der endgültige internationale Durchbruch gelang Tange 1964 zu den Olympischen Spielen in Tokio. Die Stadionbauten mit ihren spiralförmig wie auch zeltartig gewölbten Hängedächern werden mit zu den schönsten Gebäuden des 20. Jahrhunderts gezählt. Zu den weiteren Projekten des Meisterarchitekten, der in seiner langen Karriere mit zahllosen Auszeichnungen geehrt wurde - darunter den Pritzker Architektur-Preis (1987), der höchsten Auszeichnung der Branche - gehören unter anderem das spektakuläre Rathaus von Tokio, mit dem Tange der pulsierenden Metropole Asiens 1991 ein Denkmal setzte.

Hinzu kommen die Marienkathedrale in Tokio, das Verwaltungsgebäude der japanischen Präfektur Kagawa. Tange schuf Werke in mehr als 20 Ländern, darunter sind das Messezentrum von Bologna, der Königspalast in Dschidda (Saudi-Arabien) und der Erweiterungsbau des Art Museums in Minneapolis, Tanges einziges in den USA realisiertes Projekt. (Von Lars Nicolaysen, dpa) ()

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