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Panorama: Jetzt mal im Ernst

Friedrich Merz hat Teile seiner Karnevalsrede abgeschrieben. Die Vorlage stammt von einer Uni-Sekretärin

Aachen - Der CDU-Politiker Friedrich Merz hat Teile seiner Aachener Karnevalsrede als neuer Ordensritter wider den tierischen Ernst abgeschrieben. Merz sagte am Montag, er habe „einige Gedanken“ aus einem fremden Text übernommen. Ein Textvergleich zeigt, dass er einzelne Sätze aus einem Beitrag im Internet-Satiremagazin „zyn.de“ fast wörtlich übernommen hatte. Der Text war ihm nach eigenen Angaben zugeschickt worden. Merz betonte, er habe die Rede selbst geschrieben und bekomme viel Zustimmung dafür.

Der Politiker hatte den Orden am Samstag in einer Festsitzung für Humor und Menschlichkeit erhalten.

Autorin der Internet-Vorlage ist die Bielefelder Universitätssekretärin Monika Rieboldt, die ihn nach eigenen Angaben für das Onlinemagazin geschrieben hatte. Er gibt ein fiktives Interview mit dem ehemaligen Siemens-Chef Heinrich von Pierer wieder, der als Bundeskanzler auf Regierungserfolge zurückblickt. „Jeder gute Witz wird zwei Mal erzählt. Es kommt immer darauf an, wer ihn erzählt und wie“, sagte der Präsident des Aachener Karnevalsvereins, Dieter Bischof. Wenn Friedrich Merz etwas zugeschickt worden sei, dann dürfe er es auch verwenden.

Merz nutzte den Satirebeitrag in seiner Ritterrede als Vorlage für ein „Elf-Punkte-Programm für Deutschland“. Darin zeigte er angebliche Wege aus der Krise auf: Mecklenburg-Vorpommerns wird als Totalverlust abgeschrieben, der Bundeshaushalt durch den Verkauf deutscher Schulden an einen amerikanischen Pensionsfonds saniert, für Auftritte von Politikern werden Gebühren erhoben.

„Roberto Blanco singt bei der Einweihung eines Baumarkts ja auch nicht kostenlos“, hieß es in dem Internetbeitrag. In der Merz-Rede wurde das Wort „kostenlos“ durch „umsonst“ ersetzt. Auf ähnliche Weise waren zahlreiche Sätze des Satire-Aufsatzes mehr oder weniger stark verändert in der Rede von Merz aufgetaucht.

Der Politiker wusste nach eigenen Angaben nicht, dass der Text bereits veröffentlicht war. Er habe ihn zugeschickt bekommen. „Aber selbst wenn ich es gewusst hätte: Es gibt keine Rede auf dieser Welt, in der alles neu ist. Und gerade im Karneval wird mancher Witz auch zwei Mal erzählt“, sagte er. Wenn sich jemand durch seine Rede „beschwert“ fühle, bedauere er das.

Die Autorin Rieboldt sprach nach dem Vorgang von geistigem Diebstahl und will eigenen Angaben zufolge jetzt einen Anwalt zur Wahrung ihrer Interessen einschalten. dpa

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