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Panorama: Jumbo-Jet verliert Triebwerk: Aggregat fällt auf voll besetzten Strand

Ein Jumbo-Jet der niederländischen Luftverkehrsgesellschaft KLM hat am Sonntagnachmittag kurz nach dem Start in Los Angeles die Verkleidung eines Triebwerkes verloren. Das rund 1,50 Meter große Teil stürzte auf den voll besetzten Dockweiler-Strand.

Ein Jumbo-Jet der niederländischen Luftverkehrsgesellschaft KLM hat am Sonntagnachmittag kurz nach dem Start in Los Angeles die Verkleidung eines Triebwerkes verloren. Das rund 1,50 Meter große Teil stürzte auf den voll besetzten Dockweiler-Strand. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Nachdem die Piloten das Aggregat abgestellt und über dem Pazifik Treibstoff abgelassen hatten, kehrte die mit 429 Personen besetzte Boeing 747-300 zwecks Reparatur zum internationalen Flughafen der Stadt zurück. Zu dem Zwischenfall kam es, als beim Start nach Amsterdam ein größerer Vogel in eines der Düsenaggregate geraten war und dieses beschädigt hatte. Der vierstrahlige Jumbo ist auch mit drei Triebwerken voll flugfähig. Das Ablassen von Kerosin war notwendig, weil eine für einen Langstreckenflug voll betankte Maschine das zulässige Landegewicht überschreitet. Von einer Notlandung könne deshalb keine Rede sein, betonte ein Sprecher der Fluggesellschaft.

Der Eindruck täuscht

Obwohl sich in der letzten Zeit Meldungen von Notlandungen häufen - in der vergangenen Woche kam es unter anderem in Kanada und in Moskau zu Notlandungen -, ist der Eindruck eines dramatischen Anstiegs von Flugzwischenfällen nach Ansicht der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit falsch. Nicht alles, was entsprechend tituliert wird, ist eine Notlandung und schon längst keine "Beinahe-Katastrophe". Tatsache ist dagegen ein Phänomen, das sich regelmäßig wiederholt, ohne dass Luftfahrtexperten eine Erklärung dafür haben. Monatelang geschieht nichts. Dann ereignet sich eine ganze Reihe von Flugzeugkatastrophen in relativ kurzen Abständen, ohne dass zwischen den Unfällen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Die Folge ist, dass plötzlich auf jede Unregelmäßigkeit mit besonderem Interesse reagiert wird.

Ein Beispiel: Kurz nach dem Start signalisiert eine Warnlampe im Cockpit, dass ein System nicht vorschriftsmäßig arbeitet. Aus Sicherheitsgründen entschließen sich die Piloten, zum Ausgangsflughafen zurückzukehren, um die Anlage am Boden überprüfen zu lassen. Dort entpuppt sich der Fehler als simpler Wackelkontakt des Lämpchens. Doch schon geistert eine weitere Meldung von einer "Notlandung" um die Welt, glauben manche Medien gar zu wissen, dass die Passagiere "in Todesangst" schwebten. Was sonst - wenn überhaupt - allenfalls eine Meldung in den örtlichen Zeitungen ausmacht, findet nach größeren Flugzeugunglücken schnell eine weltweite Verbreitung, weiß Bernd Bockstahler, Sprecher der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit. Hinzu mag kommen, dass die Besatzungen in solchen Zeiten auf manche simple Unregelmäßigkeit noch sensibler reagieren als sonst. Die letzte Entscheidung liegt beim Kapitän. Beschließt dieser, vorsichtshalber umzukehren oder einen Ausweichflughafen anzusteuern, ist dies noch lange keine "Notlandung". Davon kann erst dann die Rede sein, wenn der verantwortliche Luftfahrzeugführer gemäß den internationalen Bestimmungen eine "Notlage" erklärt.

Ungeachtet dessen können die Piloten auch dann, wenn sie keinen Notfall deklarieren, darum bitten, vorsorglich die Flughafenfeuerwehr zu alarmieren. So bedeutet auch nicht jede Präsenz der Löschfahrzeuge zwangsläufig, dass es sich um eine "Notlandung" gehandelt hat. So verweist die Pilotengewerkschaft darauf, dass die Zahl der ernsten Zwischenfälle rückläufig ist. Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO weltweit 1,56 Milliarden Passagiere befördert. Bei 44 Unfällen - 20 davon im Linienverkehr - kamen 634 Menschen ums Leben. 1998 waren es 45 Unfälle mit 1115 getöteten Personen. Die Quote der Todesfälle auf 100 Millionen geflogene Passagierkilometer sank von 0,035 auf 0,02.

Rainer W. During

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