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Nach den Anschlägen in Paris auf das Satiremagazin "Charlie Habdo" waren alle "Charlie". Ein Junge in einer Pariser Schule nicht; er weigerte sich, eine Schweigeminute einzulegen.

© dpa

Junge wollte Schweigeminute für Opfer nicht einhalten: Achtjähriger wegen Äußerungen nach "Charlie Hebdo"-Anschlag befragt

Ein achtjähriger Junge ist in Frankreich von der Polizei befragt worden, weil er nach dem islamistischen Anschlag auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" in seiner Schule mit radikalen Äußerungen auffiel. Der Junge wurde am Mittwoch in einem Kommissariat der südfranzösischen Stadt Nizza eine halbe Stunde lang vernommen, wie Polizeichef Marcel Authier am Abend sagte.

Der Junge hatte sich zunächst geweigert, am Tag nach dem "Charlie Hebdo"-Anschlag vor rund drei Wochen an seiner Schule eine Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer einzuhalten. Seinem Lehrer zufolge äußerte er zudem "Solidaritäts"-Bekundungen mit den Islamisten, die beim Angriff auf "Charlie Hebdo" zwölf Menschen getötet hatten. "Angesichts des derzeitigen Kontextes hat der Schuldirektor entschieden, die Polizei zu informieren", sagte Authier. "Wir haben das Kind und seinen Vater vorgeladen um zu verstehen, wie ein achtjähriger Junge so radikale Äußerungen von sich geben kann."

Der Junge habe aber "offenbar nicht verstanden, was er selbst gesagt hat", betonte der Polizeichef. "Wir wissen nicht, wo er solche Äußerungen hernimmt." Das "Kollektiv gegen Islamfeindlichkeit in Frankreich" kritisierte das Vorgehen der Behörden scharf. "Der Vater und sein Sohn sind zutiefst schockiert über eine solche Behandlung, die die kollektive Hysterie aufzeigt, in die Frankreich seit Anfang Januar verfallen ist." Nach dem Anschlag auf "Charlie Hebdo" hatten Jugendliche an zahlreichen Schulen sich geweigert, an einer Schweigeminute teilzunehmen.

In Frankreich führte dies zu einer besorgten Debatte über Jugendliche insbesondere aus den von Einwanderung geprägten Problem-Vorstädten. Die Regierung will verstärkt für Werte wie Freiheit und Toleranz werben und verhindern, dass Jugendliche sich zu radikalislamischen Ideen hingezogen fühlen.
In Frankreich wurden in den vergangenen Wochen zudem immer wieder Menschen wegen Terrorverherrlichung verurteilt, die unter anderem auf sozialen Netzwerken Partei für die islamistischen Attentäter ergriffen hatten. Bei den Anschlägen vor drei Wochen hatten drei Islamisten insgesamt 17 Menschen getötet, bevor sie von der Polizei erschossen wurden. (dpa)

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