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Justiz: Mutmaßlicher Vergewaltiger entlassen

Weil die Justizangestellten des Landgerichts Mannheim zu langsam gearbeitet haben, ist ein mutmaßlicher Vergewaltiger vorerst auf freien Fuß gesetzt worden.

Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht gab in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss einem türkischen Staatsangehörigen Recht, der seit Juni 2004 in Untersuchungshaft saß und in dessen Verfahren noch immer kein rechtskräftiges Urteil ergangen ist. Damit rügte Karlsruhe zum wiederholten Mal die Justiz wegen überlanger Verfahrensdauer bei so genannten Haftsachen. (Az: 2 BvR 170/06 - Beschluss vom 16. März 2006)

Aus Sicht der Karlsruher Richter hat vor allem eine zu schleppende Erledigung von Schreib- und Routinearbeiten zu einer Verzögerung von mehr als drei Monaten geführt. Das verstoße gegen das Gebot der beschleunigten Bearbeitung von Haftsachen und verletze damit das Freiheitsgrundrecht des Inhaftierten. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ordnete noch am Freitag seine Freilassung an. Nach einem Bericht des «Mannheimer Morgen» ist der 30-Jährige umgehend aus der Justizvollzugsanstalt Mannheim entlassen worden.

Im Dezember 2004 hatte das Landgericht Mannheim den Mann zu vier Jahren Haft wegen Vergewaltigung seiner Ehefrau in zehn Fällen verurteilt. Wegen eines vergleichsweise geringen Verfahrensfehlers - das Gericht hatte sich nach dem letzten Wort des Angeklagten nicht nochmal zur Beratung zurückgezogen - hob der Bundesgerichtshof das Urteil im Oktober des vergangenen Jahres auf und ordnete eine Neuauflage an.

Die Verfassungsrichter listeten eine ganze Reihe von Verzögerungen auf. So sei das Verhandlungsprotokoll erst zwei Wochen nach der schriftlichen Ausfertigung des Urteils fertig gestellt worden, danach habe es weitere fünf Wochen bis zur Zustellung des Urteils gedauert. «Die Organisation des Schreibdienstes und der Geschäftsstellen wie auch des Aktentransports hat ebenfalls dem Beschleunigungsgebot Rechnung zu tragen», schrieb die 3. Kammer des Zweiten Senats den für die Organisation zuständigen Gerichtspräsidenten ins Stammbuch. (tso/dpa)

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