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JVA Siegburg: Beweisaufnahme im Foltermord-Prozess wird fortgesetzt

Der Prozess um den Foltermord an einem 20-Jährigen Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Siegburg geht überraschend in die Verlängerung. Das Landgericht Bonn tritt wieder in die Beweisaufnahme ein, die Urteilsverkündung wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die Richter gaben damit einem Antrag der Verteidigung statt, die Befragung von Zeugen fortzusetzen. Die für diese Woche ursprünglich vorgesehenen Plädoyers und das für Freitag erwartete Urteil im Verfahren gegen die drei Angeklagten im Alter von 17 bis 21 Jahren verschieben sich damit auf unbestimmte Zeit.

Die Verteidiger des Mitangeklagten Pascal I. wollen die Anstaltspsychologin der JVA Iserlohn als Zeugin laden. Sie soll Auskunft über das Verhalten des 19-Jährigen während seiner dortigen Haftzeit geben. Pascal I. war nach dem Geschehen in Siegburg zunächst in die JVA Iserlohn verbracht worden. Zur Zeit sitzt er in Einzelhaft in der JVA Wuppertal. Sein Verhalten in Iserlohn ist nach Ansicht der Verteidigung maßgeblich für die Persönlichkeitsbeurteilung von Pascal I.

Jugend- statt Erwachsenenstrafrecht?

Diese Beurteilung ist für die Verteidigung bedeutsam für die Frage, ob Pascal I. trotz seiner Volljährigkeit möglicherweise wegen mangelnder Reife nach Jugendstrafrecht statt nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden kann. Während ihm nach Erwachsenenstrafrecht wegen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe droht, liegt die Höchststrafe nach Jugendstrafrecht bei zehn Jahren.

Der vom Gericht gehörte psychiatrische Gutachter hatte im Verlauf des Verfahrens dagegen die Einschätzung geäußert, dass die beiden volljährigen Angeklagten - neben Pascal I. der 21-jährige Ralf A. - nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden können. Gründe für eine Schuldminderung sieht der Sachverständige nicht.

Zeuge will Pascal I. belauscht haben

Ein als Zeuge gehörter Beamter der JVA Wuppertal will vernommen haben, wie Pascal I. sich in der Haftanstalt mit dem Foltertod des 20-Jährigen gebrüstet und sich abfällig über das Opfer geäußert hat. Wenn der 17-Jährige "die Klappe gehalten hätte, dann könnten die uns gar nichts", soll er demnach gesagt haben. Pascal I. wies den Vorwurf als "Frechheit" und als aus dem Zusammenhang gerissen zurück.

Der 17-jährige Mitangeklagte Danny K. hatte als einziger zum Prozessauftakt umfassend ausgesagt. Alle drei Angeklagten haben vor Gericht aber gestanden, in der Nacht des 11. November 2006 ihren 20-jährigen Zellengenossen über rund zwölf Stunden vergewaltigt, gequält und schließlich zum Selbstmord gezwungen zu haben.

Die Befragung der Zeugin soll frühestens am 21. September stattfinden. Wann das Verfahren endet, ist damit derzeit nicht absehbar.

Frank Bretschneider

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