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Panorama: Kampf zweier Linien

Hat Märklin gegen Modelle aus China eine Chance?

Nürnberg - Ein schnittiger weißer ICE-3-Zug zieht auf der Spielwarenmesse seine Kreise. Stolz präsentiert der ostdeutsche Hersteller Piko aus Sonneberg das H0-Modell, das im Laden ab rund 120 Euro zu haben ist. Um diesen kleinen Zug beginnt in dem zurzeit sehr schwierigen Modellbahnmarkt gerade ein Kampf mit harten Bandagen zwischen zwei Modellbahn-Herstellern. Es geht um nichts weniger als Rufschädigung und „Rufausbeutung“. Der ICE 3 von Piko soll eine in China produzierte Kopie der Modellform des Klassikers Märklin sein. Beim Marktführer aus Göppingen kostet der Zug 449 Euro. Er hegt den Verdacht, Piko habe das Modell abgekupfert und könne es unter anderem deshalb so billig anbieten, weil in die Kalkulation keine Entwicklungskosten eingerechnet werden mussten.

Märklin fürchtet eine verkehrte Welt. „Wir sind bereits in den Geruch geraten, unseren ICE 3 in China bauen zu lassen“, sagt Märklin-Geschäftsführer Paul Adams. Seine Firma wird in letzter Zeit öfter mit dem Vorwurf konfrontiert, den Kultstatus zwar behalten zu wollen, aber trotzdem das „Made in Germany“ zu Gunsten des Billigstandorts aufzugeben. Adams’ Sprecher Roland Gaugele versichert aber, dass der ICE 3 in Deutschland gebaut wird, und zwar in Baden-Württemberg, wo im Metallbereich mit die höchsten Löhne der Welt gezahlt werden. Nicht zuletzt das hat den Hersteller in den vergangenen zwei Jahren zu Stellenreduzierungen veranlasst.

Piko-Chef Rene Wilfer verweist darauf, dass der ICE „von einem Kooperationspartner in Fernost entwickelt und produziert wurde“. Es sei mitnichten so, dass in Sonneberg erst das Modell entwickelt werde und die Pläne des kleinen Zuges nach Fernost geschickt würden. Vielmehr erhalte der Kooperationspartner die von der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellten Unterlagen des Vorbildes. In Fernost werde dann der kleine Zug entwickelt und hergestellt. „Unsere Entwicklung ist im Übrigen vom Lizenzgeber Deutsche Bahn AG abgesegnet.“ Der Zug sei dem Vorbild entsprechend wiedergegeben. Nun gehört zur Definition der Modellbahnen, dass sie dem Vorbild möglichst nahe kommen und daher untereinander schwer zu unterscheiden sind. So argumentiert auch Piko. Nach Märklin-Lesart sehen sich beide Modelle „zu ähnlich“.

Wilfer, der seinen ICE 3 bisher nur im nicht Märklin-kompatiblen GleichstromSystem anbot, will künftig auch eine Wechselstrom-Variante herstellen lassen, die dann mit 140 Euro in direkte Konkurrenz zum viel teureren Märklin-Modell tritt. Unklar ist, ob als Reaktion auch Märklin in China produzieren wird. dpa

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