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Kanada: Das Verhältnis wird eisig

Vor Kanadas Küste begann die Robbenjagd – eine schwere Belastung für Ottawas Beziehung zu Europa.

Sie fahren schwere Geschütze auf: Wer sich bei der Tierschutzorganisation „International Fund for Animal Welfare“ über die am Montag gestartete Robbenjagd vor der kanadischen Küste informieren will, wird im Internet von einer Fotomontage begrüßt. Aus dem Eis ragen graue Grabsteine in den Himmel, am Bildrand liegt eine traurig blickende Robbe.

Bei der jährlichen Jagd, zu der am Montag die ersten Kutter in die eisigen Gewässer weit draußen vor der Küste aufgebrochen sind, kochen die Emotionen hoch. Das zeigt schon die Sprachwahl: Jäger, die vor allem die Felle und das Robbenöl verkaufen, sprechen von der „Ernte“. Die Regierung in Ottawa spricht von „Maßnahmen“, um den Bestand stabil zu halten. Tierschützer hingegen prangern die „Ermordung“ hunderttausender Jungtiere an. Mehr Robben als je zuvor sind in diesem Jahr von der Regierung zur Jagd freigegeben worden. Die Jäger – kommerzielle Fischer mit europäischen Vorfahren und in kleinerer Zahl Ureinwohner – dürfen in den nächsten Wochen bis zu 280 000 Sattelrobben erlegen, 8200 Mützenrobben und 50 000 Kegelrobben.

Diese Zahlen sind das Einzige, was nicht umstritten ist. Schon die Erklärung der kanadischen Fischereiministerin Gail Shea für die höhere Fangquote wird von Tierschutzorganisationen angezweifelt. Die Quote sei in Abstimmung mit Wissenschaftlern so festgelegt, dass der Gesamtbestand der Robben – laut Regierung rund 5,5 Millionen Tiere – nicht gefährdet ist. Die Jagd werde überwacht, um sicherzustellen, dass nicht mehr Robben als erlaubt gejagt werden, und um zu vermeiden, dass Tiere unnötig leiden.

Tierschutzorganisationen hingegen finden nicht nur die Quote „völlig unvertretbar“, wie der „International Fund for Animal Welfare“ sagt. Auch bezweifeln sie die Einhaltung der von der Regierung verfügten Jagdmethode, die eindeutiger als früher vermeiden soll, dass die Tiere bei lebendigem Leibe gehäutet werden.

Besondere Sorge macht Jägern und kanadischer Regierung die Haltung der EU-Länder, die die Einfuhr von Robbenprodukten unterbinden wollen, weil sie die Fangmethoden als grausam bewerten. Das wäre ein harter Schlag für die Jäger, von denen manche große Teile ihres Jahreseinkommens mit der Jagd erwirtschaften. Nach kanadischen Angaben wird rund ein Drittel aller Robbenprodukte in EU-Länder exportiert.

Nachdem kürzlich der Binnenmarktausschuss des Europaparlaments für ein Einfuhr- und Handelsverbot stimmte, wird im April die Zustimmung im Plenum erwartet. „Wir sind schwer enttäuscht“, sagte Kanadas Fischereiministerin. Sie droht mit handelsrechtlichen Schritten. Ob es so weit kommt, ist unklar. Aus Sicht von Bundestagsabgeordneten wie Waltraud Wolff (SPD) reicht das von der EU geplante Verbot nicht aus, weil es Ausnahmen bei artgerechter Jagd zulässt. Wolff und andere Parlamentarier beharren darauf, dass der Bundestagsbeschluss umgesetzt wird, der nur Ureinwohnern Ausnahmen zugesteht. Sie kündigte an, Deutschland werde ein Embargo im Alleingang erlassen, falls die EU nicht bis Juni eine Regelung findet, die der deutschen Position entspricht.

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