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Bürger füllen ihre Wasserkanister an einer natürlichen Quelle in Kapstadts Vorort Newlands auf.

© Kristin Palitza/dpa

Kapstadt: Ende April ist das Wasser alle

Der katastrophale Wassermangel in der südafrikanischen Touristenhochburg wird auch zu einem Test für die Opposition.

Die Wasserversorgung steht vor dem Kollaps. Weniger als hundert Tage bleiben Kapstadt, ehe die Speicher, die Südafrikas Touristenhochburg mit Trinkwasser versorgen, austrocknen. Jetzt zieht die schlimmste Dürre seit 110 Jahren auch politische Konsequenzen nach sich. In der Kapmetropole fragt man sich: Wer wird zuerst weg sein – das Wasser oder die umstrittene Bürgermeisterin?

Stundenlanges Anstehen, Warten unter dem Blick von Soldaten und schließlich Kanister schleppen – für die vier Millionen Kapstädter könnte das bald zum Alltag gehören. Für Ende April ist „Day Zero“ nun anberaumt. Das ist jener Tag, an dem die Wasserbecken in der Kapregion so leer sind, dass die Behörden den Haushalten die Trinkwasserversorgung abstellen. Die Vorbereitungen haben längst begonnen für den Tag, dessen Auswirkungen sich am Kap noch niemand richtig vorstellen will. Wirtschaftliche Einbußen und politische Unruhen könnten folgen.

Pro Person gibt es maximal 25 Liter Wasser pro Tag

Um zumindest die Notversorgung zu gewährleisten, zapft die Stadtregierung jetzt das Grundwasser an. Entsalzungsanlagen sollen zusätzlich dem Meer Trinkwasser abgewinnen – eine der kostspieligsten Methoden, um Wasser für den menschlichen Konsum zu gewinnen. Verteilt werden soll das Wasser nach „Day Zero“ an 200 Standorten in der Millionenmetropole, wobei gilt: maximal 25 Liter pro Person – in den Augen vieler ein vorprogrammiertes Chaos.

Kapstadts Bürgermeisterin Patricia De Lille ist überzeugt, dass „Day Zero“ durch den kollektiven Einsatz der Bewohner, Geschäfte und Touristen beim Wassersparen noch verhindert werden kann. Längst sind Gartengießen, Autowaschen und das Befüllen von Pools im Zuge der Notverordnungen verboten. 87 Liter Wasser sollen die Kapstädter am Tag maximal verbrauchen – das entspricht etwa zehn Toilettenspülungen oder einer Dusche von acht Minuten. Haushalte, die im Monat mehr als 10500 Liter konsumieren, riskieren hohe Geldstrafen.

Wie konnte die Politik die Situation so eskalieren lassen?

Mit der Verunsicherung steigt in Kapstadt auch der Zorn der Bevölkerung. Bereits vor einem Jahr waren die Behörden alarmiert. Gehandelt wurde zu langsam und ineffektiv. Wie konnte eine Verwaltung, die in Südafrika als Musterbeispiel einer funktionierenden Stadtregierung gilt, die Situation so eskalieren lassen? Dieser Frage gingen jetzt die führenden Köpfe von Kapstadts regierender „Demokratischer Allianz“ (DA) nach. Und die Antwort ist verheerend – neben Bürgermeisterin De Lille auch für die Partei selbst. „Die Unsicherheit in der politischen Arena und in der Verwaltung, gemeinsam mit den Auswirkungen der Dürre, könnten sich als giftige Mischung herausstellen. Bei den Wahlen 2019 könnte uns eine massive Niederlage bevorstehen“, befürchtet die Parteispitze in einem Untersuchungsbericht.

Bislang galt Kapstadt als eine Oase im Sumpf der Korruption

Bisher galt Kapstadt unter Führung der „Demokratischen Allianz“ als Oase in einem Sumpf von Korruption und Misswirtschaft unter der Aufsicht des national regierenden „Afrikanischen Nationalkongresses“ (ANC). Im Jahr 2016 kamen mehrere Oasen dazu: Johannesburg, Pretoria und Port Elizabeth fielen ebenfalls an die DA. Für 2019 plante die Partei eigentlich, dem ANC erstmalig seit der demokratischen Dämmerung 1994 die Mehrheit abzuringen und das Land durch eine Koalition zu regieren. Das Wasser - Debakel dämpft jedoch die Hoffnungen der Opposition.

Nun hat die Zeit der Abrechnungen begonnen. Wie die DA am Sonntag bei einer Pressekonferenz bekannt gab, ermittle man gegen Bürgermeisterin De Lille nicht nur, weil sie die Partei in Verruf gebracht habe. Sondern auch, weil sie deren Weisungen ignoriert habe. Parteikollegen beschrieben ihren Führungsstil zuletzt als „autokratisch“. Korruptionsaffären um die Politveteranin trugen ebenfalls zur Missstimmung bei. In weniger als 60 Tagen will die DA über De Lilles politische Zukunft entschieden haben. Bis dahin wurde ihr das Krisenmanagement über Kapstadts Wasser-Debakel entzogen; die Notlage ist jetzt das Problem von Vizebürgermeister Ian Neilson.´

Unterdessen warnte die südafrikanische Online-Zeitung „Daily Maverick“: „Es herrscht wenig Klarheit über die Zukunft der Kapstädter. Sie sind der Kollateralschaden, wenn politische Zankereien die Lösung der Wasserkrise weiter hinauszögern.“

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