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Panorama: Keine Panik

Experten bestätigen Trittin: Angst vor Seuchen wäre übertrieben

Von Adelheid Müller-Lissner

Bundesumweltminister Trittin warnt mit Blick auf Berichte über eine mögliche Seuchengefahr in den Hochwassergebieten vor Übertreibungen. Sein Ressort habe lediglich darauf hingewiesen, dass man sich beim Umgang insbesondere mit dem in den Wohnungen zurückgebliebenen Schlamm vorsehen solle, sagte Trittin am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Dabei gehe es aber darum, die „normalen Regeln der Hygiene“ zu beachten, sich also beispielsweise die Hände zu waschen.

Die „Bild“-Zeitung hatte zuvor von einer drohenden Seuchengefahr in den deutschen Überschwemmungsgebieten berichtet. Dem Blatt zufolge teilte Trittins Staatssekretär Rainer Baake im Bundestags-Umweltausschuss mit, es bestehe die Gefahr, dass Menschen an Hepatitis und Ruhr erkrankten. Als Hauptrisikofaktor habe Baake die Kadaver der in den Fluten umgekommenen Tiere bezeichnet. Deshalb sollten die Tierleichen so schnell wie möglich geborgen und der verseuchte Schlamm entsorgt werden.

Trittin mahnte, der Schlamm müsse schnell aus den Wohnungen herausgebracht werden, da er nach dem Austrocknen hart „wie Beton“ werde. Mit den Umweltministerien der Länder sei sein Haus übereingekommen, dass der Schlamm rasch auf die Hausmülldeponien transportiert werden solle. Auch sollten Tierkadaver umgehend in die Tierkörperbeseitigung gegeben werden.

Schlichte, zeitlose Verhaltensregeln sind für die Menschen in den Hochwasser-Gebieten jetzt ganz besonders aktuell geworden: Vor dem Essen, vor der Zubereitung von Mahlzeiten und auch vor dem Rauchen sollte sich dort jeder, der mit dem Wasser und dem Schlamm aus den Flüssen in Kontakt gekommen ist, besonders gründlich die Hände waschen. Auch empfiehlt sich das Tragen von Handschuhen bei der Arbeit im Schlamm. Weil bei den Aufräumarbeiten Verletzungsgefahr besteht, sollte jeder, der mithilft, zugleich auch seinen Schutz gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) überprüfen. Hintergrund der aktuellen Empfehlungen der Gesundheitsministerien und des für Infektionskrankheiten zuständigen Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin: Das Wasser und der Schlamm der Flüsse enthalten die verschiedensten Krankheitskeime: Durch die Überschwemmungen wurden Fäkalien aus den Kanalsystemen in die Flüsse gedrückt, Kläranlagen wurden überflutet .

Jetzt droht die Gefahr, sich eine der Infektionskrankheiten zu holen, deren Übertragungsweg im Medizinerjargon als „fäkal-oral“ bezeichnet wird: Sie werden beim Trinken oder Essen aufgenommen. Dank guter hygienischer Verhältnisse sind einige von ihnen, etwa die Cholera oder der Typhus, hier und heute praktisch unbekannt. Impfungen gegen sie, wie viele Fernreisende sie kennen, empfehlen die amtlichen Stellen derzeit nicht. Beim Oder-Hochwasser im Jahr 1997 hat sich gezeigt, dass diese Erreger keine allgemeine Bedrohung darstellen. Insofern sind sich die Experten einig, dass Ängste vor Seuchen übertrieben sind.

Im Schlamm tummeln sich aber, wie RKI-Präsident Reinhard Kurth betont, „Dutzende anderer Erreger, gegen die man sich nicht impfen lassen kann". Einige rufen Infektionen des Magen-Darm-Trakts hervor. Bei ihnen kann aber der Arzt helfen.

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