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Kinderpornoring: „Sohn Gottes“ war sein Name im Netz

Pädophile vertrauten auf Anonymität des Internets. Als der Anführer verhaftet wurde, sprang ein anderer ein.

Von Markus Hesselmann

Die Täter fühlten sich sicher in den anonymen Weiten des World Wide Web. So sicher, dass selbst das plötzliche Verschwinden ihres Anführers sie nicht beeindruckte. Als der Brite Timothy Cox, der von seinem Computer aus per Internet einen weltweiten Handel mit Kinderpornographie betrieben hatte, im vergangenen September verhaftet worden war, sprang kurz darauf ein anderer Pädophiler für ihn ein. Cox’ 33-jähriger Landsmann Gordon Macintosh legte den Chatroom, über den sein Vorgänger seine Geschäfte abgewickelt hatte, neu auf. Doch das Gefühl der Sicherheit trog: Auch Macintosh ist inzwischen verhaftet. Ihm kam die Polizei kurz nach Cox auf die Spur. Macintosh hat sich schuldig bekannt. Auf seinem Computer wurden rund 5500 Bilder und Filme mit Kinderpornographie gefunden. Er wartet auf seine Verurteilung.

„Die Annahme, das Internet sei anonym, ist falsch. Für Cox und Macintosh hat sie sich als folgenreicher Fehler erwiesen“, sagte der britische Chefermittler Jim Gamble nach der jetzt wohl endgültigen Zerschlagung dieses Pädophilenrings. Unter anderem hatten Gambles Mitarbeiter nach Cox' Verhaftung für einige Tage den Chatroom zum Schein weitergeführt, um Informationen über weitere Täter zu sammeln. So wurden die Ermittler auch auf Macintosh aufmerksam.

Timothy Cox wurde zu Beginn dieser Woche von einem Gericht in der ostenglischen Stadt Ipswich wegen „Besitzes und Verbreitung von unzüchtigen Bildern von Kindern“ verurteilt. Durch das öffentliche Gerichtsverfahren wurde das Ausmaß dieses weltweit operierenden Kinderpornographierings deutlich: Gegen 700 mutmaßliche Nutzer laufen in 35 Ländern Ermittlungsverfahren, 200 davon in Großbritannien. 31 Kinder wurden aus der Gewalt der Täter befreit. Wie berichtet führen Spuren auch nach Deutschland.

Im Landhaus seiner Eltern im Dorf Buxhall in Suffolk hatte Cox den Handel mit Kinderpornographie organisiert. Der 27-Jährige führte ein Doppelleben mit bürgerlicher Fassade. Er hatte eine Freundin und half im Betrieb seiner Eltern, einer kleinen Brauerei. Auch Cox fühlte sich als Nachfolger eines zuvor verhafteten Täters. Sein Nutzername deutet sowohl auf diesen Anspruch, als auch auf Größenwahn und Allmachtsfantasien hin: „Son of God" (Sohn Gottes) nannte sich Cox im Internet. Damit spielte der Brite auf den Anführer eines amerikanischen Pädophilenrings an, der unter dem Pseudonym „God“ im Netz aufgetreten und im vergangenen Jahr verhaftet worden war. Cox hatte 75 000 Bilder und Videos auf seinem Computer. Die Täter hatten über das Internet auch Szenen des Kindermissbrauchs live ausgetauscht. Der Polizei lagen Beweise vor, dass Cox mehr als 11 000 Bilder an Nutzer seines Chatrooms weitergegeben hat. Das Strafmaß steht noch aus, fürs Erste bleibt der Haupttäter für unbestimmte Zeit in Haft.

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