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Kindstötungsprozess: Zeugen erinnern sich an Schwangerschaften

In dem Prozess gegen die Mutter der neun toten Babys von Brieskow- Finkenheerd haben sich Zeugen an deren frühere Schwangerschaften erinnert. Der Frau wird vorgeworfen, neun ihrer 13 Kinder getötet zu haben.

Frankfurt (Oder) - «Für mich sah sie aus wie schwanger», sagte eine 47-jährige Frau unter Tränen am Dienstag vor dem Landgericht Frankfurt (Oder). Beide Frauen waren im Mai 1992 gemeinsam zu einer Weiterbildung in Goslar. Dort entband die heute 40 Jahre Angeklagte laut Staatsanwaltschaft ein Kind, das später starb.

Der Frau wird vorgeworfen, neun ihrer 13 Kinder nach der Geburt getötet zu haben. Sie soll die Kinder heimlich geboren und sie dann unversorgt gelassen haben, bis sie starben. Die Leichen waren im vergangenen Jahr in Blumenkästen gefunden worden. Die Frau ist des achtfachen Totschlags angeklagt, ein Fall gilt als verjährt. Bisher schwieg die Mutter zu den Vorwürfen.

Der Zeugin fällt das Sprechen schwer. Schon nach wenigen Sätzen weint sie vor der 2. Strafkammer des Landgerichts. Ein Anwalt steht der 47-jährigen Rentnerin bei. Fast auf den Tag genau sieht sie ihre Bekannte wieder, mit der sie während einer Weiterbildung im Mai 1992 ein Pensionszimmer in Goslar geteilt hat. Die Zeugin erkennt die Angeklagte jedoch nicht wieder, hat auch die spätere gemeinsame Rückfahrt im Auto vergessen.

In Goslar soll die Angeklagte heimlich ein Kind zur Welt gebracht haben, das - unversorgt - nicht überlebte. Laut Anklage wurde das tote Kind damals in einer Tasche transportiert. Ihre Begleiterin habe damals helle, weite Kleidung getragen, eine Schwangerschaft jedoch verneint, berichtet die Zeugin. Nach nur einer knappen Viertelstunde im Zeugenstand verlässt die Frau heftig weinend den Saal 007.

Die Chefin eines Berliner Dental-Handels, wo die Angeklagte 1992 tätig war, sagte aus, sie habe die Mitarbeiterin damals angesprochen: «Sie sind doch hochschwanger.» Darauf habe sie zur Antwort bekommen: «Nein, wie kommen Sie denn darauf?» Etwa zwei bis drei Wochen später habe sie die Mitarbeiterin dann wiedergesehen. «Der Bauch war weg.»

Ein früherer Kollege der Angeklagten berichtet im Zeugenstand von einer möglichen Schwangerschaft der Frau im Sommer 1995. Er habe sie im Auftrag seines Chefs deshalb angesprochen, sagt der 46-jährige Speditionskaufmann. «Es ist allgemein aufgefallen.» Sie habe aber verneint und ihren Leibesumfang mit einer Krankheit begründet.

Ähnliche Beobachtungen gibt eine Zahnarzthelferin am fünften Prozesstag zu Protokoll. Beim Umziehen habe sie einen kleinen Bauch bei der sonst zierlichen Frau entdeckt und die Kollegin gefragt. Diese habe sich daraufhin abrupt umgedreht - «damit ich sie nicht mehr im Profil sehe». Nein, sie sei nicht schwanger, habe die Antwort gelautet. Sie habe im Urlaub zugenommen. «Danach hat sie sich nie mehr mit uns umgezogen.» Die Angeklagte habe sich damals verändert, gibt die Zahnarzthelferin zu Protokoll. «Sie war so abwesend, als wenn sie neben sich stand.» Schließlich habe sie fristlos gekündigt.

Nach Einschätzung einer Nachbarin erwartete die Angeklagte 1998 und um das Jahr 2000 Nachwuchs. «Ich bin mir ziemlich sicher», sagt die 26-Jährige, die selbst zwei Kinder hat. Ihre Vermutung habe sie an der weiten schwarzen Kleidung und dem besonderen Gang der Angeklagten festgemacht. «Das ist aufgefallen.» Einige im Haus dachten, sie wolle so die Schwangerschaften vertuschen. Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt. (tso/dpa)

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