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Panorama: Kino im Kopf

Die „drei ???“ werden 25 Jahre alt. Wer dahinter steckt – und warum die Hörspiele so erfolgreich sind

Der Mann sitzt auf einer Bühne, nah am Rand, und schaut ins Publikum. Er sieht, wie sich Paare küssen, Freunde miteinander tuscheln, lachen, trinken. Manche sind auch eingeschlafen. Für den Mann auf der Bühne ist das alles ein großes Kompliment. Der Mann heißt Oliver Rohrbeck und spricht die Rolle des Justus Jonas, Erster Detektiv der „Drei ???“. Im Oktober 1979 erschien die erste Folge „Der Superpapagei“ auf LP und MC. Jetzt feiert die erfolgreichste Hörspielserie Europas ihr 25-jähriges Jubiläum. Vor Rohrbeck hören 500 Fans im Hamburger Museumsschiff „Cap San Diego“ zum ersten Mal die Folgen 117 und 118, „Der finstere Rivale“ und „Das düstere Vermächtnis“.

Alle haben 7,50 Euro Eintritt bezahlt, obwohl es doch eigentlich nichts zu sehen gibt – außer einem 39-jährigen Mann, der, mit Glatze und schwarzer Existenzialisten-Brille, so ganz anders aussieht als sein moppeliges Alter Ego Justus Jonas, der zusammen mit Peter Shaw und Bob Andrews, zuständig für „Recherchen und Archiv“, laut Visitenkarte jeden Fall übernimmt.

„Die drei ???“, wohnhaft in Rocky Beach, Kalifornien, stolpern in den Ferien von einem mysteriösen Kriminalfall in den nächsten. Genau wie bei den Kollegen von „TKKG“, einer weiteren erfolgreichen Hörspielserie von „Europa“ (BMG Ariola Miller), kennt das Leben der jugendlichen Protagonisten keinen Stillstand. Wer denkt eigentlich daran, dass „Die drei ???“ ursprünglich für acht bis 14-Jährige gedacht war?

Der amerikanische Journalist Robert Arthur hat „Die drei ???“ 1964 erfunden und bis zu seinem Tod 1969 elf Bücher zur Serie veröffentlicht. Alfred Hitchcock, der die Buch- und Cassettencover schmückt, durfte gegen Zahlung einer Lizenzgebühr verwendet werden. Seitdem schreiben wechselnde Autoren die Buchvorlagen für die Hörspiele, seit 1993 nur noch deutschsprachige, weil die Serie in den USA schon 1990 eingestellt wurde. Als der Nachschub fehlte, musste die deutsche Hörspielserie zwei Jahre pausieren.

Heute verkaufen sich die Hörspielabenteuer, ohne die viele Fans nicht einschlafen können oder gar nicht erst ins Auto steigen, so gut wie noch nie: Die Zahlen haben sich in den vergangenen Jahren fast verdoppelt, auf etwa 3 Millionen Tonträger pro Jahr. Besonders beliebte Folgen wie „Der Superpapagei“ verkaufen sich insgesamt mehr als 600 000 Mal.

In Rocky Beach sind die Rollen klar verteilt: Justus ist der dicke Besserwisser, Peter der sportliche Angsthase und Bob der pingelige Archivar. Gemeinsam sind "Die drei ???" stark; gut und klug, ihr Intimfeind Skinny Norris dagegen ist böse und nie klug genug.

In der vorpubertären Endlosschleife, in der Justus, Peter und Bob umeinander kreisen, ist für Frauen kein Platz. Der Versuch, Freundinnen in die Handlung zu integrieren, scheiterte an der wertkonservativen Einstellung vieler Fans, die den Zuwachs nicht akzeptierten. So verschwanden Liz, Kelly und Elizabeth schnell und spurlos wieder aus dem Leben der drei Detektive, ohne dass diese ihnen nachgeforscht haben. Dabei beginnt Bobs Lieblingssatz doch eigentlich mit „Recherchen und Archiv ergaben …“

Hörspiele erzeugen Kino im Kopf. Damit das auch so bleibt, die Bilder ihr Eigenleben bewahren, stehen viele Hörspiel- und Synchronsprecher nicht gerne in der Öffentlichkeit. Oliver Rohrbeck und seine Kollegen Jens Wawrczeck (Peter) und Andreas Fröhlich (Bob) hingegen zieht es auf die große Bühne: Nach ihrer „Master of Chess“-Tour, mit der sie in den Jahren 2002 und 2003 mehr als 70 000 Zuschauer in 60 Shows lockten, treten sie anlässlich des Jubiläums am 2. Oktober in der Hamburger Color Line Arena auf. Die 12 000 Tickets für die Live-Version der ersten Folge „Der Superpapagei“ sind ausverkauft. Alle sieben Vögel werden von Heikedine Körting, Produzentin und Regisseurin aller „Drei ???“-Hörspiele, gesprochen. Das wird lustig. Genau wie am Ende jeder Folge, wenn Justus, Peter und Bob das Böse wieder besiegt haben und befreit, vielleicht auch ein bisschen überheblich, loskichern.

David Denk

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