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Mit voller Macht. Das Klimaphänomen El Niño löst derzeit in Südamerika, wie hier in Paraguay, verheerende Überschwemmungen und Erdrutsche aus.

© Jorge Adorno/Reuters

Klimaphänomen El Niño: Die Flut nach der Dürre

Das Klimaphänomen El Niño erreicht seinen Höhepunkt. Die Folgen werden 14 Länder von Asien bis Lateinamerika noch lange beschäftigen.

Das Klimaphänomen El Niño, das derzeit in Asien, dem Südpazifik, Ostafrika, dem Süden Afrikas, Zentral- und Südamerika eine Wetterkatastrophe nach der anderen auslöst, könnte sich im Laufe des Januar 2016 abschwächen. Es ist eines der stärksten El-Niño-Ereignisse, das bisher registriert worden ist. Die amerikanische Ozeanbehörde NOAA rechnet es zu den drei stärksten El Niños bisher.

In Paraguay, Argentinien, Uruguay und Brasilien mussten über die Weihnachtstage 160 000 Menschen ihre Häuser verlassen, weil El-Niño-bedingte Starkregenfälle die Flüsse über die Ufer treten ließen oder Erdrutsche auslösten. Mindestens zehn Menschen in Brasilien und Paraguay starben. Die Flut löst eine dramatische Dürre in Zentralamerika ab, die in Honduras, Nicaragua, Guatemala und El Salvador nach Angaben der UN-Agrarorganisation FAO etwa 80 Prozent der Ernten zerstört hat. Mehr als zwei Millionen Menschen sind in diesen Ländern derzeit auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

Auch in Afrika Überflutungen und Dürre

Das wird allerdings von der Not in Äthiopien noch übertroffen. Dort sind inzwischen 10,2 Millionen Menschen von Nahrungsmittelhilfe abhängig. Zu Beginn des Jahres waren es rund zwei Millionen Menschen, von denen rund 640 000 Flüchtlinge aus Nachbarstaaten waren, die in 24 Lagern im Grenzgebiet zum Südsudan, Eritrea, Somalia und dem Sudan liegen. Im Oktober war die Zahl der Hungernden in Äthiopien bereits auf mehr als acht Millionen Menschen angestiegen. Mit einer „normalen“ Durststrecke zwischen zwei Ernten kommt Äthiopien inzwischen zurecht. Es gibt im ganzen Land Getreidelager, die im Notfall zur Versorgung von Hungernden genutzt werden können. Aber dem diesjährigen El Niño war die Notfallreserve nicht mehr gewachsen.

Im Süden Äthiopiens und Somalias sowie in Kenia und Uganda leiden die Menschen unter schweren Überflutungen. Allein in Kenia sind seit Oktober 80 Menschen in den Fluten umgekommen. Rund 60 000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen – und haben sie teilweise ganz verloren. Kenia hat zwar einen Notfallplan für den El Niño aufgestellt, hat aber selbst auf dem Höhepunkt der Überflutungen die dafür vorgesehenen Mittel nicht freigegeben. Das könnte damit zu tun haben, dass die Regierung im Angesicht mehrerer großer Korruptionsskandale derzeit nahezu zahlungsunfähig ist. Womöglich ist das Geld längst irgendwo auf dem Weg vom Haushaltsplan in die reale Notfallvorsorge in den Regionen veruntreut worden.

Der Süden Afrikas dagegen leidet unter extremer Dürre. Die Maisernte war schlecht, die Aussaat ist wegen der Dürre stark verzögert. Im Süden Afrikas wird deshalb mit deutlich steigenden Preisen für Lebensmittel gerechnet. In Südafrika, Sambia und Malawi kommt dazu, dass die Währungen der drei Länder das ganze Jahr hindurch drastisch an Wert verloren haben. Das dürfte die Lebensmittelpreise weiter nach oben treiben, obwohl der Ölpreis gerade einen Tiefpunkt erreicht hat. Der Ölpreis hat in früheren Jahren zu Preiskrisen für Lebensmittel geführt. Da einige Staaten mehr schlecht als recht regiert werden, ist nicht auszuschließen, dass die steigenden Lebensmittelpreise Unruhen auslösen könnten.

In Indonesien hat El Niño dazu beigetragen, dass die verheerenden Waldbrände weiterhin nicht unter Kontrolle gebracht werden konnten. In Indonesien und im Südpazifik müssen die Menschen nach einer langen Dürre allerdings im kommenden Monat mit Starkniederschlägen und Überschwemmungen rechnen. Auch hier ist das Essen knapp. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind weltweit 14 Länder besonders stark von den Folgen des El Niño betroffen.

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