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Seltener Anblick: Der Kuckuck befindet sich in Deutschland auf dem Rückzug in kältere Regionen.

© imago/blickwinkel

Klimawandel in Deutschland: Kuckuck, wo bist du?

Der Klimawandel vertreibt zahlreiche Arten aus Deutschland. Weil der Frühling immer früher beginnt, fällt es Vögeln wie dem Kuckuck schwerer, sich fortzupflanzen.

Kuckuck, Kuckuck, ruft es immer seltener aus dem Wald. Das gilt für Deutschland, aber auch in Großbritannien ist dieser Trend seit Jahren beobachtet worden. Einer der Gründe ist nach Einschätzung der Bundesregierung der Klimawandel. Im aktuellen Vogelschutzbericht wird eine Abnahme der Bestände des Zugvogels um rund zehn Prozentpunkte zwischen 1998 und 2009 festgestellt. Die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt kommentiert die Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Artenvielfalt so: „Damit unsere Kinder den Kuckuck nicht nur aus dem Musikunterricht kennen, muss die Bundesregierung jetzt den Klimaschutz endlich angehen.“

Der Kuckuck gehört zu den kälteliebenden Arten, die in Deutschland wie überall auf dem Rückzug in kühlere Regionen sind. Der Kuckuck leidet vor allem darunter, dass sich die Vegetationsphase in Deutschland zwischen 1951 und 2015 nach Angaben der Bundesregierung um 15 Tage verlängert hat. Der Frühling beginnt früher. Das misst die Regierung mit der Blüte des Huflattichs. Wenn die Pflanze blüht, zeigt das den biologischen Frühlingsbeginn an. Genau das ist für den Kuckuck ein Problem.

Der Zugvogel überwintert in Zentralafrika. Einige Kuckuckspopulationen in Großbritannien, die über Spanien und die Sahara in ihre Winterbrutgebiete fliegen, haben größere Probleme, lebend anzukommen als solche, die über Italien und den Balkan fliegen. Das haben britische Forscher vor einem Jahr im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht. Sie hatten männliche Kuckucke mit Sendern ausgestattet und vier Zyklen lang zwischen 2010 und 2014 die Sterblichkeit der Tiere auf der Zugstrecke nach Zentralafrika dokumentiert. Auf dem Weg durch Spanien, vermuten Chris Hewson und seine Kollegen, könnten die Vögel womöglich der immer häufigeren Dürre zum Opfer gefallen sein.

Das Grundproblem für den Kuckuck ist aber, dass andere Zugvögel sich an den Frühlingsbeginn leichter haben anpassen können. Der Kuckuck kommt im wahrsten Sinne des Wortes zu spät. Wenn die Vögel, denen der Kuckuck seine Eier ins Netz legt, mit der Brutpflege schon früher beginnen, schafft es der Kuckuck oft nicht mehr, die Eier der unfreiwilligen Gasteltern aus dem Netz zu werfen. Manchmal sitzen schon Jungvögel drin und machen Lärm, wenn ein Kuckuck sein Ei deponieren will. Die Elternvögel nehmen sich dann der Brutpflege des Parasitenvogels nicht mehr an. Das heißt: Die Fortpflanzung der Vögel ist wegen der veränderten klimatischen Bedingungen immer seltener erfolgreich.

Für die Bienenfresser ist die klimatische Entwicklung dagegen ein Segen. In Süddeutschland, beispielsweise am Kaiserstuhl, sind sie inzwischen zu festen Brutvögeln geworden. Vor Jahren waren sie noch außergewöhnliche Gäste in Deutschland. Inzwischen sind die bunten Vögel auch schon weiter nördlich in Rheinland-Pfalz und Hessen brütend gesichtet worden.

Auch viele Schmetterlingsarten leiden unter dem Klimawandel

Zu den Tieren, denen der Klimawandel schadet, gehören nach Angaben der Bundesregierung besonders viele sehr seltene Arten, die schon bisher auf der Roten Liste gefährdeter Arten gelistet sind. Viele Schmetterlingsarten leiden unter den klimatischen Verschiebungen. Das gilt auch für Weichtiere und Käfer, schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen.

Auch für Meeresbewohner geht der Wandel oft zu schnell. Die Nordsee hat sich bereits um 1,5 Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung erwärmt. Arten wie der Kabeljau ziehen sich immer weiter in Richtung Norden zurück. Welche Folgen der steigende Meeresspiegel auf die einzigartige Landschaft des Wattenmeers an der Nordsee haben könnte, dazu kann die Bundesregierung noch keine Aussagen machen. Aber die Verschiebungen von Arten werden schon seit Jahren dokumentiert.

Bei vielen Vögeln verlagert sich ihr Vorkommen in Richtung Nordosten, wo es kühler ist als im Süden oder Westen Deutschlands. Zu den betroffenen Arten gehören die Reiherente, die Schellente, der Gänsesäger, der Austernfischer und der wichtigste Vogel im Wattenmeer: der Knut. Steffi Lemke, grüne Naturschutzexpertin im Bundestag, sagt: „Das Biotopverbundsnetzwerk muss dringend ausgebaut werden, um Arten die Erschließung neuer Lebensräume zu ermöglichen und deren Existenz in Zeiten der Klimakrise zu bewahren.“ Das deckt sich mit der Analyse des Umweltministeriums im aktuellen Rechenschaftsbericht zum Stand der Umsetzung der Biodiversitätsstrategie, die vor zehn Jahren beschlossen worden ist. „Doch beim heimischen Naturschutz hat die Bundesregierung katastrophal versagt“, bemängelt Lemke. „Der Biotopverbund auf zehn Prozent der Fläche hätte nach der Zielsetzung in der Nationalen Biodiversitätsstrategie 2010 umgesetzt sein sollen. Doch nichts ist passiert.“ Die Unionsfraktion habe sogar durchgesetzt, dass in der Strategie nun gar kein Zeitpunkt mehr genannt werde, bis zu dem der Biotopverbund erreicht werden soll.

Der Rechenschaftsbericht enthält insgesamt keine guten Nachrichten. Die Gewässerqualität hat sich insbesondere wegen der zu hohen Stickstofffrachten aus der Landwirtschaft im Vergleich zu 2009 noch weiter verschlechtert. Die Agrarlandschaften verlieren immer mehr Arten. In den Städten leben inzwischen mehr Vögel als auf dem Land.

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