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Panorama: Klinikskandal: Eine schwierige Operation

Das Hamburger Gesundheitswesen wird von einem Skandal erschüttert: Im größten Krankenhaus der Stadt hat ein Herzchirurg operiert, obwohl er nach einer Gehirnblutung durch Lähmungen behindert war und weitere Handicaps hatte. Rund ein Jahr lang soll der Spitzenmediziner trotz seiner Behinderungen selbst operiert oder assistiert haben.

Das Hamburger Gesundheitswesen wird von einem Skandal erschüttert: Im größten Krankenhaus der Stadt hat ein Herzchirurg operiert, obwohl er nach einer Gehirnblutung durch Lähmungen behindert war und weitere Handicaps hatte. Rund ein Jahr lang soll der Spitzenmediziner trotz seiner Behinderungen selbst operiert oder assistiert haben.

Mindestens ein Kind wurde bei einem der Eingriffe schwer geschädigt, nach Angaben der zuständigen Wissenschaftsbehörde ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Körperverletzung. Der Skandal liegt schon drei Jahre zurück und wurde nun durch einen anonymen Brief aufgedeckt.

Sprach- und Gedächtnisgestört

Nach einem Bericht der "Hamburger Morgenpost", die den Skandal aufdeckte, hatte der Mediziner D. 1997 als Chefarzt die Herzchirurgie an der Universitätsklinik Eppendorf (UKE) übernommen. Anfang 1998 erlitt er den Berichten zufolge eine Gehirnblutung. Laut "Morgenpost" blieb er nach einer Gehirnoperation "durch Lähmungen erheblich in seinen Bewegungen behindert, dazu sprachgestört und von deutlich reduzierten Gedächtnis- und Konzentrationsleistungen geplagt".

Trotz der Ausfälle stand der Arzt nach Angaben der Wissenschaftssenatorin Krista Sager (Grüne) aber schon wenige Monate später wieder am OP-Tisch. Zwischen dem 16.7.1998 und dem 14.6.1999 habe er operiert. Offen ist zurzeit, wie viele Patienten der gelähmte Chirurg genau unter dem Messer hatte. Der NDR berichtete am Sonntag, es seien rund 20 Menschen als verantwortlicher Arzt und 100 als Assistent gewesen. Einige Monate später im Jahr 1999 trat der Arzt wegen seiner angegriffenen Gesundheit in den Ruhestand.

Zentraler Fall des Skandals: Die Operation eines 14 Monate alten Jungen am 19. September 1998, über die das "Hamburger Abendblatt" am Samstag berichtete. Der Junge erlitt bei der Operation schwere Behinderungen. "Wer operierte den kleinen Lars?", fragte die Zeitung und zitierte aus einem OP-Protokoll, das den kranken Mediziner als Operateur auswies.

Eine der zentralen Fragen in diesem Skandal ist die nach der Mitverantwortung leitender Stellen. Die Senatorin hatte nach eigenen Angaben erst am vergangenen Donnerstag genaue Zahlen über die Operationen erhalten, an denen der Herzchirurg D. beteiligt gewesen sein soll.

Sager hatte sich bereits in den vergangenen Tagen sehr verärgert über die schlechte Information durch die Klinikleitung gezeigt. Der ärztliche Direktor Leichtweiß bestritt bisher, früher davon gewusst zu haben, dass D. weiter operieren konnte. Am Montag hatte die Senatorin den Klinikchef zu einem Krisengespräch geladen. Leichtweiß kam mit der Bitte der Beurlaubung der Senatorin zuvor. Der Klinikchef erhält weiter seine vollen Bezüge.

Karsten Plog

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