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© dpa

Koch des Jahres: Nordafrika in Hamburg

Die Spur war trickreich verschleiert: Das Gala-Diner zur Vorstellung des neuen Gault-Millau-Restaurantführers fand in München statt, und die professionellen Auguren tippten durchweg auf einen süddeutschen Küchenchef als „Koch des Jahres“. Doch der, der es wirklich wurde, kommt aus Hamburg.

Wahabi Nouri vom Restaurant Piment, der sich sich erfolgreich darum bemüht, nordafrikanische Elemente in die moderne mitteleuropäische Küche einzuführen. Der aus Casablanca stammende Koch verbesserte sich von 17 auf 18 Punkte, also noch nicht in die engste, mit 19 und 19,5 Punkten bedachte deutsche Spitze. Dorthin rückten in diesem Jahr Christian Jürgens (Überfahrt, Rottach-Egern) und Christian Lohse (Fischers Fritz, Berlin) auf, beide mit je 19 Punkten.

Größeren Wirbel als diese Hochstufungen löste eine andere Entscheidung aus. Gault-Millau-Chefredakteur Manfred Kohnke hat in diesem Jahr die Verwendung von Heringskaviar („Heringsmüll“) unter Strafe gestellt und mit Abzug eines Punktes bedacht. Die Folge: Nils Henkel, Küchenchef von Schloss Lerbach, im Guide 2009 gerade erst zum „Koch des Jahres“ ernannt und mit 19 Punkten ausgezeichnet, stieg auf 18 ab. Es handelt sich bei Heringskaviar um ein bei vielen Spitzenköchen auch in Berlin beliebtes Produkt, das aus geräuchertem Herings gewonnen, mit Tintenfischtinte schwarz gefärbt, mit Zitrone gesäuert und mit Stärke behandelt wird – nichts also, was verwerflicher wäre als die weit verbreiteten Methoden der sogenannten Molekularküche. Der Düsseldorfer Delikatessenhändler Ralf Bos, der es unter dem Namen Avruga vertreibt, reagierte empört und warf Kohnke vor, er setze Existenzen aufs Spiel; es sei absurd, Küchenchefs willkürlich dafür zu bestrafen, dass sie ein geschmacklich herausragendes Produkt einsetzen. Echter Stör-Kaviar aus Wildfang ist längst so rar und teuer, dass er praktisch nicht mehr verwendet wird.

Ein paar andere deutsche Top-Köche, die im konkurrierenden Michelin mit zwei oder sogar drei Sternen ausgezeichnet sind, fielen im neuen Gault-Millau ebenfalls in Ungnade: Juan Amador (Langen) und Dieter Luther (Meierei, Glücksburg) fielen von 18 auf 17, Peter-Maria Schnurr (Falco, Leipzig) von 17 auf 16 Punkte. Neu in der Gruppe der 18-Punkte-Restaurants sind neben dem Piment das 17 fuffzig im Hotel Zur Bleiche in Burg/Spreewald, Rosin in Dorsten, Carrousel in Dresden, Francais im Frankfurter Hof in Frankfurt am Main, Krone in Herxheim/Pfalz und Bodendorfs auf Sylt. Aufsteiger des Jahres ist Jakob Stüttgen von der Terrine in München, zur „Entdeckung des Jahres“ wurde ein Berliner Chef ernannt, der bereits mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Daniel Achilles vom Reinstoff in Mitte.

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