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Köln: Vereitelter Amoklauf: Ermittlungserfolg um jeden Preis?

Die Polizeigewerkschaften haben Kritik an den Ermittlungen im Zusammenhang mit den vermeintlichen Amoklaufplänen in Köln zurückgewiesen. Die Polizei weist der Politik den Schwarzen Peter zu, doch ein Psychologie sieht tatsächlich handwerkliche Fehler bei den Ermittlungen.

Der Selbstmord des 17-jährigen Schülers sei keine Folge der Ermittlungen gewesen, sondern ein alarmierendes Zeichen der Situation an den Schulen, erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg. "Es ist empörend, der Polizei dafür die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen." Unterdessen stellten sich Warnungen der Polizei in Finnland vor einem Amoklauf an einem Gymnasium in Kaarst bei Düsseldorf am Jahrestag des Schulamoklaufs von Emsdetten als Fehlalarm heraus.

Freiberg verwies darauf, dass sich erst im Laufe der Ermittlungen herausgestellt habe, dass der 17-Jährige und sein 18 Jahre alter Mitschüler ihr Amoklaufpläne bereits fallengelassen hätten. Auch das Verhalten der Lehrer, die die Polizei alarmiert hatten, sei richtig gewesen. Der nordrhein-westfälische GdP-Landesvorsitzende Frank Richter erklärte, die Politik dürfe mit Vorwürfen an die Polizei nicht von eigenen Fehlern ablenken. "Offenbar weiß keiner mehr, was mit unseren Kindern in den Schulen passiert, warum sie an die Grenzen ihrer Persönlichkeiten geraten."

Handwerkliche Fehler der Kölner Polizei?

Der Münchner Polizeipsychologe Georg Sieber kritisierte dagegen das Vorgehen der Kölner Polizei. "Die Fahnder wollten rasch einen publikumswirksamen Erfolg präsentieren", sagte Sieber. Er sieht als eine der Ursachen den hohen Erwartungsdruck. "Wenn es Präventivkampagnen gibt, wie zuletzt nach dem Schulmassaker in Finnland, kommt es auch vermehrt zu handwerklichen Fehlern", sagte der Psychologe. Im finnischen Tuusula hatte ein 18-jähriger Abiturient in seiner Schule acht Menschen getötet und später sich selbst erschossen.

Der Vorsitzende des Bundes der Kriminalbeamten, Klaus Jansen, forderte in der politische Maßnahmen. "Bei den Fällen von Schulgewalt in Deutschland stehen meistens Gymnasien in den Schlagzeilen", sagte Jansen. "Es muss untersucht werden, ob hier der Leistungsdruck und die Angst, abgehängt zu werden, besonders stark sind oder es mehr als an anderen Schulformen zu Mobbing kommt."

Gedenken in Emsdetten

Die Gewerkschaft für Bildung und Erziehung (GEW) regte als präventive Maßnahme eine Konzentration auf die Vermittlung sozialer Kompetenzen im Schulunterricht an. Lehrer müssten stärker als bislang darauf vorbereitet werden, mit der Hilf- und Sprachlosigkeit von Schülern umzugehen, sagte der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne. Er beklagte, dass die Zahl der Schulpsychologen und Sozialarbeiter "immer weiter abgebaut" werde.

In Emsdetten feierten heute die 700 Schüler der Geschwister-Scholl-Realschule zusammen mit Eltern und Lehrern einen gemeinsamen Gedenkgottesdienst zum ersten Jahrestag des Amoklaufs an der Schule. Dort hatte vor einem Jahr ein ehemaliger Schüler wild um sich geschossen und dabei 37 Menschen verletzt, bevor er sich selbst tötete. (mit AFP)

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