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Stadtarchiv

© dpa

Kölner Stadtarchiv: Umweltamt sieht Verstöße beim U-Bahn-Bau

Knapp zwei Wochen nach dem Einsturz des Stadtarchivs sind erstmals Verstöße beim nahe gelegenen U-Bahn-Bau bestätigt worden. Einige Bauunternehmen hätten sich nicht an Auflagen gehalten und mehr Brunnen gebaut als genehmigt waren. Die Ursache für die Katastrophe ist aber nach wie vor nicht geklärt.

In Köln soll in fünf Jahren ein neues Archivgebäude errichtet werden. "Die Stadt Köln geht davon aus, dass die Sicherung der Archivalien bis zu fünf Jahre dauert", teilte das städtische Presseamt am Sonntagabend mit. Ein neu eingerichteter Koordinierungsstab solle "unverzüglich die Schritte zum Neubau eines Archivgebäudes einleiten, das in fünf Jahren stehen soll", hieß es weiter.

Statt der genehmigten vier Brunnen seien in unmittelbarer Nähe des Archivs seit September vergangenen Jahres 15 Brunnen errichtet worden, sagte Umweltdezernentin Marlies Bredehorst. Außerdem sei mehr Grundwasser abgepumpt worden als gestattet. Das gehe aus ausgewerteten Unterlagen hervor. Ob diese Verstöße für die Katastrophe verantwortlich sind, konnte Bredehorst am Sonntag nicht sagen.

Kurz vor dem Einsturz des Stadtarchivs am 3. März war es zu einem überraschenden Wassereinbruch gekommen. Unter den Schuttbergen fanden die Helfer erst nach Tagen zwei tote Männer. Die Leiche des 24-jährigen Studenten Khalil G. wurde am vergangenen Mittwoch neun Meter unter dem Erdniveau geborgen.

Schadenersatz in Millionenhöhe

Bauunternehmen und die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) hatten bisher Verstöße gegen Auflagen beim U-Bahn-Bau stets bestritten. Mit der Schuldfrage sind angesichts der Dimension der Katastrophe mögliche Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe verbunden. Das Stadtarchiv gehörte zu den bedeutendsten kommunalen Archiven in Deutschland.

Die Fördermenge des Grundwassers habe teilweise über dem erlaubten Wert von 450 Kubikmeter pro Stunde gelegen, erläuterte Bredehorst. Zum Teil seien bis zu 750 Kubikmeter pro Stunde gefördert worden. Der ehemalige Kölner Baudezernent Bela Dören sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Verfahren und Techniken beim Bau der Nord-Süd-Bahn im Grundwasserbereich seien "eindeutig risikobehaftet".

Die Stadt Köln teilte mit, sie habe von den Verstößen erst erfahren, als sie am Dienstag vor einer Woche die sogenannten Brunnentagebücher von den Bauunternehmen angefordert habe, in denen die geförderten Wassermengen protokolliert werden. "Überschreitungen der erlaubten Werte haben die Firmen in eigener Initiative der Unteren Wasserbehörde zur Prüfung vorzulegen, was jedoch nicht geschehen ist", hieß es.

Aufklärung verläuft schleppend

Auch die Kölner Verkehrsbetriebe bestritten am Sonntag, Kenntnis über Fehler bei den Bauarbeiten vor dem Unglück gehabt zu haben. Für eine Klärung des Unfallhergangs fehlten bisher Unterlagen der ausführenden Baufirmen. Die Bauarbeitsgemeinschaft für den U-Bahn-Bau sei eine Auskunft bislang schuldig geblieben, sagte KVB-Vorstand Walter Reinarz. Zwar gebe es erste Hinweise auf die Unfallursache, jedoch wolle man "Spekulationen" nicht nachgehen.

Der Vorstand räumte einen "großen Imageverlust" für die KVB ein. "Wir werden alles tun, dass das Vertrauen wieder hergestellt wird", sagte Reinarz. Das gelte auch für den Bau der Nord-Süd-Bahn. So soll für die betroffenen Anwohner nach KVB-Angaben eine weitere Million Euro zur Verfügung gestellt werden.

Adenauers Akten

Auch werde zur Zeit entlang der geplanten U-Bahn-Trasse die Statik von Gebäuden überprüft. Etwa 200 Anwohner hatten Gutachten für ihre Häuser angefordert. In der kommenden Woche soll unter anderem die Sicherheit der Kölner Philharmonie, des Museums Ludwig und des Römisch-Germanischen Museums überprüft werden.

Einsatzkräfte hatten am Wochenende aus den Trümmern des Archivs eine weitere bedeutende mittelalterliche Handschrift des Philosophen Albertus Magnus und Akten von Konrad Adenauer aus seiner Zeit als Kölner Oberbürgermeister (1917-33) geborgen. Nachdem bereits zuvor die erste der beiden Magnus-Handschriften gefunden worden war, ist dies ein weiterer Erfolg bei der Suche nach den wertvollen Archivalien. (küs/dpa)

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