zum Hauptinhalt

Königliche Hochzeit: Was waren die größten Augenblicke?

Die Hochzeit von Kate und William war glamourös, perfekt – und sehr britisch.

Es war die Märchenhochzeit eines Traumpaares. Aber was für die Royals wichtiger war: Mit dem globalen Großereignis hat die britische Königsfamilie ihre emotionalen Bande mit den Briten gestärkt. Sie hat ihren Prunk, ihre operettenhaften Uniformen, ihre Kapellen und Kutschen und ihr Talent für Rituale und Selbstdarstellung einer nach Bildern und Emotionen hungernden Medienwelt zur Verfügung gestellt. Die Briten haben jetzt die Monarchie für die ganze Welt. Wir dokumentieren im Folgenden die Höhepunkte der Hochzeit von Kate und William.

DER TITEL

Eine Prinzessin ist die Bürgerstochter Kate Middleton nun doch nicht geworden. Gleich nach dem Frühstück um 8 Uhr gibt Buckingham Palast den neuen Titel des Paares bekannt. Aus William und Kate wird Ihre Königliche Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Cambridge. Damit steigt der zweite Thronfolger gleich an die Spitze der Adelspyramide. Nebenbei haben sie auch noch die schottischen Titel Earl und Countess von Strathearn erhalten und dürfen in Nordirland als Baron und Baronin Carrickfergus auftreten. Die Queen hat immer eine gute Auswahl solcher Titel zur Verfügung. Das Herzogtum Cambridge (Ländereien gehören nicht dazu) ist verwaist, seit der 2nd Duke 1904 ohne legitime Erben verstarb. Eine gute Nachricht auch für die vielen Pubs im Lande, von denen bisher niemand so recht wusste, warum sie „Duke of Cambridge“ heißen.

DIE GÄSTE

Über zwei Stunden dauert am Vormittag die Ankunft der Gäste vor der Westminster Abbey. Sie zeigen ihre Einladungskarten und lassen sich an ihre Plätze führen. Es war eine Parade der Hüte, denn Pferderennen und Hochzeiten sind für Damen, die auf sich halten, ohne Hut nicht möglich, und Fantasie ist gefordert. Die Volksmassen an den Paradestraßen tragen Pappkronen, Plastik-Tiara, Union-Jack-Zylinder, Filz- und Papphüte in den Farben Blau-Weiß-Rot in allen Varianten.

Vor der Abbey geht es vornehmer zu. Wie es Victoria Beckham gelingt, das schwarze Pillenschachtel-Hütchen mit Feder auf ihrer Stirn zu balancieren, weiß nur sie selbst. Carole Middleton, die Brautmutter, kommt ganz in Weiß im schmalen Deckelhut. Auch das Taschentuch, das sie einsteckte, war weiß. Camilla, Herzogin von Cornwall, trägt einen weißen, wagenradgroßen Hut mit breiter Krempe. Prinzessin Beatrice hat sich eine Art Adelswappen auf den Kopf montiert, das hinter der Queen bedrohlich schwankt. Die Queen selbst kommt, genauso wie es die Mehrheit der Hochzeits-Wetter vorausgetippt hatte, in festlichem Gelb, die den chinesischen Kaisern vorbehaltene Farbe, und strahlt wie immer. Nur Samantha Cameron, die Frau des Premiers, die in ihrem limonengrünen Fältchenkleid wieder einmal durch edles Understatement besticht, kommt zum Staunen aller ohne Hut.

Von den Männern wagt keiner, im bloßen Straßenanzug zu kommen. Londons Bürgermeister Boris Johnson, für seine verknitterten Anzüge bekannt, lieh sich seinen Frack bei Moss Brothers in der Fenchurch Street, verkündet er stolz. David Beckham trägt Drei-Tage Bart und Ralph Lauren. Um 10.15 Uhr fahren Bräutigam William mit Bruder Harry im Bentley zur Kirche. Zur Enttäuschung seiner Royal-Airforce-Kollegen trägt William die rote Uniform der Irish Guards, wo er als Oberst seinen höchsten Rang hat. Außerdem schmückt ihn die blaue Schärpe des Hosenbandes und sein RAf-Fliegerzeichen. Aber Harry sieht in der blauen Galauniform der „Blues and Royals“ noch prächtiger aus, mit breiten goldenen Schulterpaspeln und mehr Orden.

DER BRAUTZUG

Punkt 11.50 Uhr kommt die Queen in der Abbey an. Eine Fanfare erschallt. Prinz Charles küsst sie auf die Wange, Camilla knickst. Small Talk. Währenddessen steigt Kate vor dem Goring Hotel in den Rolls Royce Phantom VI mit Glasdach. Die bei der Attacke auf Prinz Charles von Demonstranten im Dezember eingeschlagenen Beulen sind repariert. Ein erster Blick zeigt den zarten Spitzenschleier, mit einem Diamant-Tiara-Krönchen befestigt. Kate sieht nicht nur aus wie eine echte Märchenprinzessin – sie könnte direkt aus einem Disney Film kommen. Vater Michael Middleton lässt sich die Schleppe auf den Schoß falten. Sie ist 2,70 Meter lang.

Als Kate vor der Westminster Abbey aus dem Rolls Royce steigt und von ihrem Vater zur Kirchentür geführt wird, stehen William und Harry schon am Altar. Kate dreht sich vor der Tür um und winkt. Es ist das erste Mal, dass die Welt sie und das Kleid in ihrer vollen Schönheit sieht. „Dieses Kleid zu entwerfen, war die Erfahrung eines Lebens. Ich habe jeden Moment der Arbeit genossen“, ließ Designerin Sarah Burton vom Modehaus Alexander McQueen mitteilen. Modeexperten rühmen die Kombination von Tradition und Fortschritt, alten Stoffen und neuem Design, Pracht und vornehmer Eleganz. William kehrt der Szene den Rücken, umdrehen darf er sich nicht. Aber Harry dreht sich um und sagt zu William: „Warte, bis du das siehst“, wenn der Lippenleser des „Guardian“ es richtig verstanden hat. „Du siehst wunderbar aus“, sagt William zu Kate, als sie neben ihm steht, sie lächelt, errötet leicht und schlägt den Schleier zurück.

DIE ZEREMONIE

Um 11.20 Uhr legt Brautvater Middleton, der Sohn eines Piloten, ehemaliger Flughafenangestellter, die Hand seiner Tochter Kate in die Hände des Erzbischof von Canterbury. Der wiederum legt die Hand in die von Prinz William, wickelt seine goldenen Schärpe um die Hände und sagt: „Was Gott zusammengefügt hat, soll kein Mensch mehr scheiden.“ Nach dem Amen ist es in der Kirche still, aber an der Prozessionsroute, wo eine Million Menschen den Gottesdienst über Lautsprecher verfolgt und auf diesen Moment gewartet haben, erhebt sich ein Jubel, der bis in die Kirche dringt.

Kate und William haben gemeinsam ihr eigenes Gebet für die Hochzeit geschrieben. „Hilf uns, dass wir in der Emsigkeit jeden Tages den Blick auf das richten, was wirklich und wichtig ist und hilf uns, mit unserer Zeit, unserer Liebe und Energie großzügig umzugehen.“

Eine Eheschließung in einer Kirche ist in England rechtswirksam. Weitere Gänge zum Standesamt sind nicht notwendig, doch muss sich auch ein zukünftiger König im Heiratsregister eintragen. Dies geschieht während des Gottesdienstes in der Kapelle von Edward dem Bekenner, dem letzten angelsächsischen König vor der Normanneninvasion 1066. Nur das Paar, der Erzbischof, die Brautzeugen und die Eltern der Brautleute sind dabei. Edward, 1161 heilig gesprochen, ist als Heiliger für Ehekrisen zuständig. Vor fast 64 Jahren haben auch Queen Elizabeth und Prinz Philip hier das Heiratsregister unterschrieben.

DIE PROZESSION

Als Kate und William, Herzog und Herzogin, aus der Kirche ziehen, halten sie vor der Queen. William verbeugt sich, Kate knickst. Nun beginnt der Operettenteil der Zeremonie. Kate und William stehen als Mann und Frau in der Tür der Abbey, während der Landauer vorfährt und ein Sonnenstrahl aus dem grauen Himmel kommt. Die Kutschenprozession liefert Fernsehbilder, die noch in Jahrzehnten gesendet und immer wieder bestaunt werden. Der Weg der Prozession ist mit Fahnen geschmückt, Polizisten und königliche Leibgardisten, alle mit weißen Handschuhen, säumen die Straßen. Das Paar winkt, William grüßt militärisch. Die ganze Gesellschaft zieht in den Buckingham Palast zum Empfang. Es folgen die Brautjungfern und Pagen, begleitet von Prinz Harry und Kates Schwester Pippa, der „Brides Maid“, dann folgt die Queen in der Glaskutsche. Prinz Philip, fast 90 Jahre alt, hält sich an der seidenbestickten Schlinge fest. Prinz Andrew folgt mit seinen beiden Töchtern im Rolls Royce. Später reihen sich Reisebusse ein. Beim Einsteigen müssen die Gäste nicht nur ihre Einladungen zeigen, sondern auch noch, zur Identifikation, einen Bankauszug.

DER KUSS

Pünktlich wie von Hochzeitsorganisator Jamie Lowther-Pinkerton geplant, treten William und Catherine, das Jubelpaar der Dekade, um 13.25 Uhr Londoner Zeit, auf den Balkon des Buckingham Palasts. Begleitet werden sie von ihren Familien. William zeigt einmal fasziniert mit dem Finger in die Menge der Hunderttausenden. Dann sieht er Kate einmal von der Seite an und, wie auf Verabredung, drücken sie die Lippen aufeinander. Es ist ein züchtiger, fast flüchtiger Kuss. Als seien sie beide sich dessen bewusst gewesen, gibt es später, kurz bevor sie den Balkon wieder verlassen, einen kurzen Blickkontakt und es folgt ein zweiter Kuss – diesmal ein wenig inniger. Die Chronisten vermelden: Gesamtdauer beider Küsse 1,8 Sekunden. Später fahren William und Kate mit einem alten Aston Martin aus der Garage von Prinz Charles zum Spaß in die „Flitterwochen“ – wenn es auch nur die paar Hundert Meter vom Buckingham Palast zum Clarence House ging, wo William seine Wohnung hat. William saß am Steuer, Kate immer noch im Schleier neben ihm. An das Fahrzeug waren Luftballons angebunden, das Nummernschild hinten lautete „JUST WED“. Abends ging es zurück zum Palast – zur Party.

DIE BILANZ

Alles hat wieder einmal wie am Schnürchen geklappt. Nur 43 Personen wurden verhaftet, darunter drei Revolutionäre mit einer Pappguillotine, die eine Scheinhinrichtung Williams inszenieren wollten. Die Gegenparty der Republikaner am Red Lion Square verlief friedlich – die etwa 50 echten Republikaner gingen in der Masse von Journalisten unter. „Ein Probelauf für die Olympiade“, erklärte Bürgermeister Boris Johnson.

Früher eroberten die Briten die Welt mit Kanonenbooten und Kolonialverwaltern, heute mit ihren Fernsehbildern. „Andere haben Öl und Diamanten, wir haben die Vergangenheit“, schrieb der Historiker und Labourabgeordnete Tristram Hunt. Hinter der Oberfläche unerschütterlicher Tradition war an dieser Hochzeit vieles neu. Auf der Gästeliste wurde die alte Aristokratie durch neue Prominenz ersetzt. Die Beckhams, Elton John und Rowan „Mr. Bean“ Atkinson statt der alten Dukes und Earls. Ohne Verlust an Würde und Pracht geben sich William und Kate als ein Paar, das Schritt hält mit der Zeit. Mit Kate wurde die neue Elite der Leistungsstarken und Fleißigen in den Adelsstand erhoben. Soziale Mobilität und Monarchie sind keine Widersprüche mehr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false