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Panorama: Kranke Seehunde getötet

Länder gehen verschieden mit dem Staupevirus um

Kopenhagen/Tjärnö (dpa). Schweden und Dänemark haben sehr unterschiedlich auf das Massensterben der Seehunde reagiert, bei dem in diesem Jahr bereits jedes fünfte Tier an der Staupe eingegangen ist. Während in Schweden Jagdspezialisten damit beauftragt wurden, erkrankte und damit dem Tod geweihte Tiere per Gnadenschuss zu erlegen, verlassen sich die dänischen Stellen weitgehend auf Kadaverfunde von Strandspaziergängern. Bislang hat das Staupevirus in Skandinavien rund 2200 Tiere getötet.

Auch an der deutschen Nordseeküste sind die ersten Fälle von erkrankten Seehunden aufgetreten.

Durch das „Einschläfern“ per Herz- oder Lungenschuss verkürze man zum einen die Leiden der Tiere, die nach Ausbruch der Krankheit über mehrere Tage elendig zu Grunde gehen, erklärte der schwedische Meeresbiologe Magnus Lejhall am Mittwoch von der Forschungsstation Tjärnö. Aber man bekomme so eben auch wertvolles Forschungsmaterial für Untersuchungen im Hirngewebe der Seehunde. Lejhall glaubt ebenso wenig an eine Gefährdung der Bestände wie seine Kollegen in Dänemark, die nach außen betont gelassen reagieren.

„Wir wissen ja jetzt, dass der Bestand so eine Epidemie überlebt und sie diesmal wohl auch nicht so hart ausfallen wird wie 1988“, meinte der zuständige Sprecher des dänischen Naturschutzamtes, Henrik Lykke Sørensen, in Oksbøl bei Esbjerg. Die Experten hier glauben, dass die Zahlen bisher nicht stärker explodiert sind, weil viele Seehunde als Folge der ersten Epidemie immun gegen das Staupevirus geworden sind.

Sørensen schildert, worin in seinem Land die praktische Arbeit der Kadaver-Vernichtung besteht: „Wir sorgen dafür, dass die toten Tiere eingesammelt und in den entsprechenden Anlagen verbrannt werden. Geht das wegen zu fortgeschrittener Verwesung oder in unzugänglichem Terrain nicht, vergraben wir sie am Strand.“ Als vor 14 Jahren insgesamt 18000 Seehunde und damit mehr als die Hälfte des Bestandes in der Nordsee und anliegenden Gewässern an genau dem Staupevirus eingingen, der auch jetzt grassiert, war die Tonlage eine ganz andere. Die Zeitungen berichteten auf den Titelseiten und suchten nach den bei industriellen Umweltgiften vermuteten Ursachen dieser Katastrophe. In Schweden galt das von vielen Skandinaviern als leicht „apokalyptisch“ empfundene Seehundsterben als ausschlaggebend für den erstmaligen Einzug der Grünen in den Stockholmer Reichstag bei den Wahlen im September 1988. Von dieser Aufregung ist in diesen Sommerwochen nichts zu spüren. „Es läuft sehr ruhig ab“, berichtet Sørensen, von dessen Büro am dänischen Wattenmeer aus die Zählung der verendeten Seehunde koordiniert wird.

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