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Kriminalität: Haftstrafen im Spendenskandal

Sie hatten einen wohltätigen Verein und zockten Spendergelder ab. 18 Millionen Euro erbeuteten drei Männer auf diese Weise in Deutschland. Heute wurden sie verurteilt. Gerüchten zufolge finanzierten sie mit dem Geld Projekte der türkischen Regierung.

Die Drahtzieher eines millionenschweren Spendenskandals müssen ins Gefängnis. Das Frankfurter Landgericht verurteilte den türkischstämmigen Hauptangeklagten am Mittwoch zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten. Dessen Nachfolger als Vorsitzender des Vereins Deniz Feneri (Leuchtturm) muss für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Der mitangeklagte Buchhalter des Vereins kam mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten davon.

Die drei Angeklagten im Alter zwischen 40 und 45 Jahren hatten über den als gemeinnützig eingetragenen Verein zwischen 2002 und 2007 mehr als 18 Millionen Euro Spendengelder für eigene Zwecke abgezweigt. Das Geld war nach Ansicht des Gerichts für die Anschubfinanzierung des türkischen Senders Kanal 7, für «die Unterstützung der islamischen Sache», für den Erhalt von Taxilizenzen und den Erwerb eines Fährschiffs in Riga verwendet worden.

Der Verein Deniz Feneri sammelt Spenden für hilfsbedürftige Menschen. Der 1999 gegründete deutsche Ableger des Vereins war nach Ansicht des Gerichts allerdings eine reine Briefkastenfirma. Schon für die Gründung des Vereins hatte der Hauptangeklagte die notwendigen Mitglieder im eigenen Familienkreis zusammengesucht. Später waren Protokolle von Mitgliederversammlungen erstellt worden, die es nie gegeben hatte.

Die Angeklagten hatten gestanden, dafür gab es eine moderate Haftstrafe

Insgesamt hatten im Tatzeitraum 20.000 Spender aus ganz Europa mehr als 41 Millionen Euro eingezahlt. Vier Millionen Euro hatten die Ermittler noch auf deutschen Konten sichergestellt. Der Weg des restlichen Geldes verlor sich in der Türkei, wo das Gericht auch die Hintermänner des großangelegten Betrugs vermutet.

In der Türkei hatte der Prozess hohe Wellen geschlagen. Die Urteilsverkündung am Mittwoch wurde von zahlreichen Kamerateams beobachtet. In den türkischen Medien kursierten Gerüchte, wonach hinter dem Kanal 7 die türkische Regierungspartei AKP und die islamistische Organisation Milli Görus stecke. Durch die umfangreiche Werbung des Fernsehsenders war ein Großteil der Spendengelder eingesammelt worden. Der Chef von Kanal 7 soll ein hochrangiges Mitglied der AKP sein.

Die Angeklagten hatten Geständnisse abgelegt, die Teil einer Absprache zwischen Gericht und Verteidigung waren. Die
Wirtschaftsstrafkammer hatte den Männern moderate Haftstrafen in Aussicht gestellt. Ohne die Geständnisse hätte der Mammutprozess nach Ansicht des Vorsitzenden Richters Jahre gedauert. (rik/ddp)

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