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Panorama: Kühlen mit Wärme

Wie überschüssige Energie Strom sparen hilft

Der Kühlschrank ist längst erfunden und die Klimaanlage auch. Trotzdem gilt die Kältemaschine, die Rainer Braun und Wolfgang Stürzebecher vom Energieinstitut der Fachhochschule Gelsenkirchen entwickeln, noch als Vision: Sie kommt nämlich ohne Steckdose und elektrischen Strom aus. Der erste Prototyp ist fertig und Stürzebecher gründet bereits ein Unternehmen, dass die Maschine baut.

Es klingt zunächst wie eine Schnapsidee: Wärme soll in Kälte verwandelt werden. Diese längst bekannte Technik aber funktioniert bereits in jedem Kühlschrank; Fachleuten nennen das Absorptionskälte. Dabei wird der Druck verringert, der auf einem flüssigen Kältemittel liegt. Die Substanz kann so verdampfen. Die dazu nötige Energie holt sich das Kältemittel im Kühlschrank von der Wärme der dort gelagerten Lebensmittel – Milch und Gemüse kühlen so ab und das Kältemittel verdampft. Anschließend erhöht ein Kompressor den Druck auf das Kältemittel wieder, ein Kondensator entzieht Wärme, lässt das Kältemittel wieder flüssig werden und der Prozess beginnt von vorne. Die Energie für den Kompressor kommt aus der Steckdose. Günstiger wäre es also, statt Strom für den Antrieb einer Absorptionskältemaschine andere Energiequellen anzapfen.

Genau das tun die Forscher in Gelsenkirchen mit ihrer 140 mal 140 Zentimeter großen und zweieinhalb Meter hohen Kältemaschine. Der Apparat liefert im Sommer genug Kälte, um ein großes Verwaltungsgebäude mit einer Grundfläche von 30 mal 18 Metern und vier Stockwerken zu kühlen. Der Prototyp kühlt ein Gebäude des E.on-Konzerns in Gelsenkirchen, einer der vier großen Stromversorger Deutschlands. Als Antrieb für die Maschine dient die Wärme aus dem eigenen Fernwärmenetz.

Raffinierte Kraftwerke liefern beim Verbrennen von fossilen Energieträgern elektrischen Strom und speisen die überschüssige Wärme ins Netz ein. Bei dieser Kraft-Wärme-Kopplung wird der Brennstoff also doppelt genutzt und entsprechend weniger Kohlendioxid heizt das Klima auf. Im Winter heizt diese Wärme Gebäude. Im Sommer aber laufen die Heizungen nicht und der Energieversorger hat jede Menge überschüssige Wärme, die mit der Gelsenkirchener Kältemaschine in Kühle verwandelt werden kann.

Aber auch Biogasanlagen auf Bauernhöfen können ihre Abwärme in eine solche Maschine einspeisen und damit ihre frisch gemolkene Milch oder das Fleisch geschlachteter Tiere kühlen, erklärt Wolfgang Stürzebecher. In Mittelmeerländern und anderen wärmeren Gefilden rentiert es sich, auf dem Dach ähnliche Sonnenkollektoren zu montieren, wie sie hierzulande bereits häufig mit Hilfe von Sonnenlicht warmes Wasser für die Dusche produzieren. In Spanien oder Griechenland kann man damit auch die Kältemaschine betreiben und so Strom sparen. Anfragen aus Marokko, Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten nach der Kältemaschine ohne Steckdose sind jedenfalls im Ruhrgebiet bereits eingetrudelt.

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