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Küssen verboten: Der Fall Wal-Mart

Der amerikanische Handelskonzern Wal-Mart untersagte seinen rund 12.500 Mitarbeitern in Deutschland im Januar 2005 per Ethtik-Richtlinie privaten Kontakt mit Kollegen - und kam damit nicht durch.

In dem Schreiben, das die Kollegen als Beigabe zur Gehaltsabrechnung erhielten, hieß es: "Sie dürfen nicht mit jemandem ausgehen oder in eine Liebesbeziehung mit jemandem treten, wenn Sie die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen können oder der Mitarbeiter Ihre Arbeitsbedingungen beeinflussen kann." Verboten sein sollten außerdem "lüsterne Blicke, zweideutige Witze und sexuell deutbare Kommunikation jeder Art".

Das Düsseldorfer Landesarbeitsgericht sah in dem Erlass allerdings einen Verstoß gegen das deutsche Grundgesetz: Die Richtlinie greife tief in die Persönlichkeitsrechte der Angestellten ein und verstoße somit gegen die Paragrafen 1 und 2 der deutschen Verfassung. In Paragraf 1, Absatz 1 des Grundgesetzes heißt es: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Der zweite Paragraf der deutschen Verfassung, Absatz 1, räumt dem Bürger weitere Rechte ein. "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt", heißt es dort.

Zwar müsse Wal-Mart seine Mitarbeiter vor sexueller Belästigung schützen, heißt es in der Urteilsbegründung des Düsseldorfer Landesarbeitsgerichts. Die Grenzen entsprechender Bestimmungen müssten jedoch mit dem Betriebsrat abgestimmt werden. Dies gelte im Übrigen auch für den Verfahrensablauf, wie Verstöße gemeldet werden sollen. Wal-Mart hatte seine Mitarbeiter verpflichten wollen, mutmaßliche Verstöße gegen die neue Ethik-Richtlinie unter anderem über eine anonyme Telefon-Hotline anzuzeigen. (skk)

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