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Panorama: Land unter auf der Briefmarke

Einmal soll es in Südamerika zu Kampfhandlungen gekommen sein, wegen einer auf einer Briefmarke angeblich falsch gezogenen Grenze. So sagen es jedenfalls die Philatelisten.

Einmal soll es in Südamerika zu Kampfhandlungen gekommen sein, wegen einer auf einer Briefmarke angeblich falsch gezogenen Grenze. So sagen es jedenfalls die Philatelisten. Dazu wird es bei dem Streit um eine Sonderbriefmarke zum 50-jährigen Bestehen des Goethe-Instituts wohl nicht kommen. Eine Weltkarte ist darauf abgebildet, alles ist korrekt, nur Island fehlt. Und Island hat keine Armee.

Viel Raum für Fehler gibt es auf Briefmarken nicht. Nur wenige Quadratzentimeter stehen zur Verfügung. Trotzdem kommen Fehler immer wieder vor. Falsche Farben zum Beispiel können sich in den Produktionsablauf einschleichen. Fehler wie diese können den Wert einer Marke erheblich steigern.

Reiner Wyszomirski, Sprecher beim Bund Deutscher Philatelisten, erinnert sich an den Fall einer Sondermarke zum 50-jährigen Bestehen der Bundesrepublik. Vielleicht ein Dutzend von insgesamt über 20 Millionen Exemplaren dieser Marke waren ohne Zähne auf den Markt gekommen. Bei einer Auktion könne so eine Marke mit einem Nennwert von einer Mark und zehn Pfennig heute 500 Euro erzielen, sagt er.

Aber Fehler gibt es nicht nur in der Produktion, auch die Motive bieten Möglichkeiten. Da wehen dann Bärte entgegen der sonst vorherrschenden Windrichtung oder der Kölner Dom hat plötzlich drei Türme. Das sind die Fälle, die Wyszomirski als Irrtümer bezeichnet, einfache Versehen, ohne bösen Hintergedanken.

Auf der Weltkarten-Marke zum Goethe-Jubiläum sind außer Island auch Grönland noch Neuseeland nicht abgebildet. Doch offenbar nur in Reykjavik hat man das bemerkt. Zumindest berichteten Zeitungen darüber, einige Isländer sammelten Unterschriften, um die deutschen Behörden dazu zu bewegen, die Marke einzustampfen.

Dem Wunsch wird man im Referat für Postwertzeichen im Bundesfinanzministerium nicht stattgeben. Dort führt man die künstlerische Freiheit als Argument für das fehlerhafte Markenmotiv ins Feld. Man sei sich vor der Veröffentlichung der Marke bewusst gewesen, dass Teile fehlten, sagt ein Mitarbeiter. Es gehe nicht um die Darstellung der Welt wie sie wirklich ist, sondern um die Demonstration der weltweiten Präsenz des Goethe-Instituts. Auch verweist man bei der Briefmarkenbehörde auf die verschiedenen Kontrollinstanzen. Erst legt der sogenannte Programmbeirat die Themen fest, die Motive wählt ein Kunstbeirat aus, die dann wiederum von Experten kontrolliert werden.

Jetzt die Marken einzustampfen wäre außerdem viel zu teuer. Da würde der Zweck nicht die Mittel heiligen, hieß es aus der Behörde. Der Sprecher des Goethe-Instituts, Berthold Franke, sagte, man habe im Vorfeld nur Teile des Designs gesehen. Erst bei der Vorstellung hätte man bemerkt, das etwas fehle. Zwar sei man etwas darüber enttäuscht, dass die Welt auf der Marke nicht vollständig sei. Die Grundidee des Markendesigns sei jedoch gut.

Man habe sich dazu entschlossen aus der Sache kein Politikum zu machen. Das isländische Institut habe vor einigen Jahren wegen Geldmangels schließen müssen. Wichtiger als Island auf der Briefmarke sei es daher, sagt Franke, bald wieder eine eigene Einrichtung auf der Insel zu haben.

Auch Autor Wolfgang Müller, der den Unmut in Island endeckte, glaubt nicht, das Island aus bösem Willen weggelassen wurde. Er versteht aber auch die Isländer. Island sei ein so kleines Land, das häufig übergangen werde. Schon beim Entwurf der Euro-Scheine sei es nicht auf der Europakarte erschienen. Damals hätte man protestiert und erreicht, dass Island doch noch auf die Geldscheine gedruckt wurde. Jetzt komme diese Briefmarke und was fehle? Wieder Island. Er könne auch das Argument mit den künstlerischen Gründen verstehen. Ein Bekannter von Müller habe ein Briefmarkendesign entworfen, mit Grönland und Island.

Anders als bei Produktionsfehlern steigerten solche Irrtümer den Wert einer Briefmarke nur wenig, sagt Wyszomirski. Trotzdem gebe es Sammler, die sich gerade darauf spezialisierten.

Bernhard Gross

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