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Hochwasser: Land unter in ganz Deutschland

In zahllosen Gemeinden in ganz Deutschland steht den Menschen das Wasser bis zu den Knöcheln. Anhaltender Regen und Tauwetter lassen Bäche und Flüsse über die Ufer treten. Behörden und Helfer kämpfen gegen die Wassermassen an.

Die Deutschland-Karte der Hochwasserzentralen ist in diesen Tagen fast vollständig gelb eingefärbt. Gelb bedeutet: Die Lage bleibt angespannt. Entweder herrscht bereits Hochwasser oder es wird noch erwartet. Besonders betroffen ist die Mitte und der Osten Deutschlands. Allein in Brandenburg wurden am Freitagvormittag an 20 von 27 Standorten Hochwasserpegel gemessen. In Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen stiegen Flüsse und Bäche nach Behördenangaben vielerorts erneut an. Tausende Helfer sind im Einsatz, um mit Sandsäcken die Uferbereiche zu verstärken.

An Murr und Rems wurden am Donnerstag laut der baden-württembergischen Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Pegelstände gemessen, wie sie nur alle 50 bis 100 Jahre auftreten. In Backnang und Weissach bei Stuttgart waren die Hilfskräfte teilweise überfordert. Mehrere Häuser mussten evakuiert wurden. Inzwischen konnten die Bewohner jedoch wieder in ihre Häuser zurückkehren.

Aktuell herrscht vor allem in Niederbayern und der Oberpfalz Ausnahmezustand. Zahlreiche Straßen sind gesperrt. Im Landkreis Eichstätt blieb eine Familie mit ihrem Auto auf der überfluteten Straße stecken und musste von der Feuerwehr geborgen werden. In Passau stieg der Pegel von Donau, Inn und Ilz innerhalb von 24 Stunden um drei Meter auf knapp neun Meter am Freitagmorgen. Die Behörden haben Alarmstufe 4 ausgerufen. Feuerwehr und städtische Mitarbeiter legten bis weit in die Nacht hinein rund 2500 Sandsäcke aus, wie die Stadtverwaltung mitteilte. Für den Freitag wird ein weiterer Anstieg um etwa einen halben Meter erwartet, dann wird wohl auch der Rathausplatz in Passau unter Wasser stehen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) kündigt indessen weiterhin milde Temperaturen und heftige Regenfälle an.

An der Ruhr seien bereits fast wieder die Wasserstände vom vergangenen Wochenende erreicht, sagte Georg zur Strassen von der Talsperrenleitzentrale des Ruhrverbands in Essen. Schlimmeres verhinderten bislang die Talsperren, die allein seit Donnerstag zwölf Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten. Der Rhein-Pegel bei Köln lag am Morgen bei 8,18 Metern und stieg etwa drei Zentimeter pro Stunde, nachdem dieser am Vortag noch gefallen war. Der Höchststand mit einem Pegel um die neun Meter wird für Sonntag erwartet. Die Kölner Altstadt ist allerdings bis zu einem Wasserstand von 11,30 Metern geschützt.

Auch in Sachsen wird die Lage an den Flussläufen der Elbe und der Weißen und Schwarzen Elster bedrohlicher. An der Pleiße südlich von Leipzig gilt seit Freitagfrüh die Warnstufe 3, wie das Landeshochwasserzentrum in Dresden mitteilte. Leipzig bereitet sich seit Tagen auf eine Flutwelle vor, auf Deichen werden Hunderte Bäume gefällt, um die Standsicherheit der Anlagen zu verbessern. In der vergangenen Woche musste in Leipzig bereits ein Wehr geöffnet werden, mehrere Hundert Hektar Auwald sind seitdem überflutet. Das Wasser bedroht weiterhin die nördlichen Stadtteile Leutzsch und Lindenau. Sollten die Dämme brechen, könnten dort zahlreiche Häuser unter Wasser stehen.

In Dresden hat das Hochwasser das Terrassenufer vor der historischen Altstadt erreicht. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurde die Straße für den Verkehr weitgehend gesperrt. Die Zufahrt zum höher gelegenen Theaterplatz, wo am Freitagabend der Semperopernball gefeiert wird, sei weiterhin geöffnet. Der Elbpegel war demnach in der Nacht auf 5,10 Meter angestiegen. Es galt die Alarmstufe 2.

Das Hochwasser des Mains in Frankfurt hingegen ging leicht zurück. „Wir messen derzeit einen Pegel von 4,75. Die Scheitelwelle in der Nacht lag bei 4,78 Meter“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Entwarnung könne noch nicht gegeben werden.

In Frankfurt umspülte das Mainwasser weiter die Schutzbarriere vor dem Rathaus Römer. Die Fluten stagnierten jedoch. Auch die schlimmen Befürchtungen in der Touristenhochburg Heidelberg trafen nicht ein: Der aufwendige Hochwasserschutz vor der Altstadt soll wohl wieder abgebaut werden.

Beim Hochwasserschutz hat Baden-Württemberg nach Ansicht eines Experten noch viel Nachholbedarf. Das Land habe nicht genug getan, um die Bevölkerung zu schützen, sagte Christian Damm vom WWF-Auen- Institut in Rastatt der Nachrichtenagentur dpa.
Nach dem Sturz eines 59-jährigen Mannes in die Steinach in Südhessen schwinden die Chancen, den Vermissten lebend zu finden. Er war am Donnerstag in den kleinen Fluss bei Neckarsteinach gefallen, der sich mit dem Hochwasser in einen gefährlichen Strom verwandelt hatte. Die Suche sei derzeit zu gefährlich, sagte ein Polizeisprecher „Wir haben keine große Hoffnung mehr, ihn lebend zu finden.“ (dpa/dapd)

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