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Die Lebensumstände und die Gene – vieles hat Einfluss darauf, wie alt wir werden.

© Caro / Teich

Lebenserwartung: Jeder will Methusalem werden

Forscher ermitteln immer mehr Faktoren für hohe Lebenserwartung – Ehepartner und Geld gehören dazu. Auch fernsehen hat Auswirkungen.

„Das Leben ist zu lang“. Der Titel der neuen Filmkomödie von Dani Levy um einen gestressten Filmemacher, der erfolglos versucht, sich umzubringen, wirkt provozierend: Wollen wir nicht alle das Leben auskosten, seine Neige möglichst weit hinausschieben? So häufen sich denn auch in den letzten Jahren die Studien, in denen Mediziner und Bevölkerungswissenschaftler herauszufinden versuchen, wie man es anstellen muss, um genau das zu schaffen.

Gerade erst erschien in der Zeitschrift „Demography“ eine Auswertung dänischer Daten, die nahelegt, dass Frauen sich lieber keinen jüngeren Lebensgefährten suchen sollten: Sind sie mit einem sieben bis neun Jahre jüngeren Mann verheiratet, so leben sie deutlich kürzer als ihre Altersgenossinnen, die einem etwa gleichaltrigen Partner das Jawort gegeben haben. Über die Gründe kann man nur spekulieren: Setzen die Frauen jüngerer Männer sich selbst zu sehr unter Stress, immer jung und attraktiv zu wirken?

Eigentlich könnte die Kombination gut passen, leben doch Frauen heute im statistischen Durchschnitt in Deutschland fünf bis sechs Jahre länger als die Männer. Beträgt die mittlere Lebenserwartung der einen knapp 82, so haben die anderen nur mit 76 Lebensjahren zu rechnen. Ob das nun zu lang oder zu kurz ist – ungerecht ist es auf jeden Fall. Denn Männer, die eine sieben bis neun Jahre jüngere Frau heiraten, erhöhen dadurch sogar ihre Chancen, es um einige Jahre zu verlängern. Einen deutlich älteren Partner zu haben, verkürzt dieser Untersuchung zufolge dagegen für beide Geschlechter das Leben.

Die Forscher um Sven Drefahl vermuten, Letzteres habe mit den schlechteren Aussichten zu tun, im Alter gut gepflegt zu werden. Auf lebenslange gute Pflege können in der Ehe wohl immer noch eher die Männer als die Frauen hoffen. Jedenfalls zeigten schon vor einigen Jahren mehrere Studien, dass verheiratete Männer länger leben als Singles – was sich bei den Frauen nicht so eindeutig nachweisen lässt.

Aus den USA kommt die Kunde, regelmäßiger Kirchgang einmal in der Woche erhöhe die Lebenserwartung um 25 Prozent. Eine andere Studie zeigt, dass Mormonen länger leben als Nichtmormonen. Das wiederum wäre durch einen gesünderen Lebensstil zu erklären, denn in dieser Glaubensgemeinschaft sind Tabak, Kaffee und vor allem Alkohol verpönt.

Doch wie passen die Ergebnisse dann zu denen einer niederländischen Studie, über die Martinette Streppel und ihre Kollegen im vergangenen Jahr im „Journal of Epidemiology and Community Health“ berichteten? Für diese Untersuchung wurden über 1000 Männer der Jahrgänge 1900 bis 1920 aus der holländischen Kleinstadt Zutphen zwischen den Jahren 1960 und 2000 mehrfach untersucht und befragt. Dabei zeigte sich, dass diejenigen Studienteilnehmer länger lebten, die sich regelmäßig ein Gläschen Wein, Bier oder Schnaps genehmigten. Regelmäßige – und mäßige! – Weintrinker konnten mit 50 sogar im Schnitt mit einem um fünf Jahre längeren Leben rechnen als ihre ganz abstinent lebenden Altersgenossen.

Eine Untersuchung, deren Ergebnisse im Jahr 2007 in den „Archives of Internal Medicine“ erschienen, belegt, dass Lesefähigkeit und Lebensdauer korrelieren. Wer sich die Nächte allerdings lesend um die Ohren schlägt, könnte diesen Vorsprung schnell einbüßen: Mehreren Untersuchungen zufolge ist es nämlich ungesund, regelmäßig weniger als 4,5 Stunden zu schlafen. Aber auch wer dauernd mehr als 8,5 Stunden Schlaf braucht, lebt ungesünder. Wahrscheinlich ist das ein Hinweis darauf, dass der Schlaf dann zu wenig erholsam ausfällt.

Wer wirtschaftlich auf Rosen gebettet ist, lebt zahlreichen Untersuchungen zufolge länger. Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Breyer von der Uni Konstanz und Jan Marcus vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin konnten jetzt erstmals zeigen, dass das auch stimmt, wenn man Arbeitseinkommen und Lebenserwartung bei Frauen vergleicht: Sie nutzten die Daten von über 400 000 Frauen, die mindestens 25 Jahre lang Geld in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt hatten und zwischen 1994 und 2005 verstarben. „Frauen, die zu den oberen zehn Prozent der Verdiener gehören, leben etwa drei Jahre länger als Frauen aus den niedrigsten zehn Prozent“, resümiert Breyer.

In seinen früheren Studien fiel das Ergebnis bei Männern noch klarer aus. Er führt das darauf zurück, dass in der Generation der jetzt untersuchten Frauen das Einkommen aus eigener Erwerbsarbeit oft nur einen Bruchteil des Haushaltseinkommens ausmachte : Waren sie verheiratet, so war mehrheitlich der Ehemann Hauptverdiener. Breyer vermutet aber, dass die Höhe des Gehalts auch hier etwas über den Bildungsstand verrät. Und der wiederum habe Einfluss auf das Gesundheitsverhalten.

Dass Bewegungsarmut, Rauchen und Stress den Weg zum hohen Lebensalter oft verbauen, ist nicht eben neu. Katrien Wijndaele und ihre Arbeitsgruppe haben einen weiteren Übeltäter ausgemacht: Aus britischen Daten, die im Rahmen der großen europäischen EPIC-Studie erhoben wurden, haben sie entnommen, dass es das Leben verkürzt, viel fernzusehen. Und zwar auch bei Menschen, die sich in der Freizeit Sport und Bewegung gönnen. Wie das zu deuten ist, ist aber noch unklar.

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