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Panorama: Lebenslange Haft

Mörder Julias verurteilt/Sein Schweigen lässt Eltern verzweifeln

Mit leiser Stimme spricht er die Worte ins Mikrophon. Konzentriert und bedächtig. Dabei ist es ganz still auf den überfüllten Holzbänken. Doch kaum hat Bruno Demel das Strafmaß verkündet, brandet Applaus auf. Beklatschen etliche Zuschauer, dass der Mörder der kleinen Julia zu lebenslanger Haft verurteilt wird. Für einen Moment ist dem Vorsitzenden der Unmut über diese „Kundgebung“ anzumerken. Dann erläutert er, warum für die Schwurgerichtskammer keinerlei Zweifel an der Täterschaft von Thorsten Volk bestehen. Die drei Berufsrichter und zwei Schöffen sind überzeugt, dass der 35-Jährige das blonde Mädchen erschlagen hat, um einen versuchten sexuellen Übergriff zu verdecken. Deshalb wird der Familienvater wegen Mordes, versuchter sexueller Nötigung und versuchtem sexuellem Kindesmissbrauch verurteilt. Genau das hatte die Staatsanwaltschaft gefordert.

Am frühen Abend des 29. Juni 2001 habe der Angeklagte Julia vor seinem Haus in Biebertal getroffen, als er gerade seinen dunklen Passat umparken wollte. Möglicherweise habe er das fröhliche Mädchen mit seiner Mickey-Mouse-Sammlung in den Keller gelockt. Im Keller habe Thorsten Volk sein Opfer dann mit Handschellen gefesselt Ob es allerdings tatsächlich zu sexuellen Handlungen gekommen ist, habe nicht festgestellt werden können, sagte Demel. Klar aber sei, dass er Julia mit zwei wuchtigen Schlägen gegen den Kopf erschlagen habe, damit sie ihn nicht wiedererkennt. Drei Tage später – nachdem die aufwändige Suchaktion abgebrochen worden war – habe er ihren Leichnam in einem Waldstück bei Kaichen in der Wetterau fast vollständig verbrannt. Daran gebe es aufgrund der engmaschigen Indizienkette „keinen vernünftigen Zweifel“.

Indizien-Puzzle

Das Geschehen hätte sich durch die Schilderung von rund 80 Zeugen und Expertisen von 14 Gutachtern Stück für Stück zu einem Bild zusammengefügt, betonte Demel, „wie bei einem Puzzle.“ Zwar fehlten einige Teile, aber das Gesamtbild sei deutlich zu erkennen. „Diese Ungewissheit treibt uns an den Rand des Wahnsinns“, sagte Julias Vater mit zitternder Stimme nach der Urteilsverkündung. „Wie einen Haufen Abfall“ habe der Mörder „unsere geliebte Tochter“ auf einen Holzstapel geworfen, „übergoss sie mit Benzin und entzündete den Scheiterhaufen, um jegliche Spur von ihr zu vernichten.“ Zwar habe jeder Angeklagte das Recht zu schweigen, „wo aber bleibt unser Recht, endlich zu erfahren, was mit unserer Tochter geschehen ist?“

Unwiderlegbar ist ein Radarbild von Thorsten Volk, aufgenommen in der Nähe des Holzstapels, als der mit Julias Leiche entzündet worden war. Latexhandschuhe mit Gen- Spuren des 35-Jährigen wurden mit Stofffetzen aus seinem Haushalt beim Brandort gefunden. Ein „starkes Indiz für die Täterschaft“ seien auch DNA-Spuren der kleinen Julia an einem halbverbrannten Teppich aus dem Keller von Volk. Als er augenscheinlich versuchte hatte, diesen anzuzünden, war es zu einer Verpuffung von Benzin gekommen, bei der der 35-Jährige lebensgefährliche Verbrennung erlitten hatte.

Durch Brandnarben entstellt, konnte er deshalb nur halb liegend in einem Rollstuhl am Prozess vor dem Landgericht teilnehmen. An allen 37 Verhandlungstagen schwieg der Angeklagte. Bei Mord kennt das Gesetz nur eine Strafe: Lebenslange Haft.

Dagegen will sein Verteidiger Ramazan Schmidt Revision einlegen. Aus Mangel an Beweisen hatte er für seinen Mandanten Freispruch beantragt.

Heidrun Helwig[Giessen]

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