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Loveparade-Verfahren in Duisburg: Feuerwehrmann hat kaum Chancen auf Schadenersatz

Ein Feuerwehrmann klagt nach seinem Einsatz bei der Loveparade-Katastrophe 2010 auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Doch das Gericht folgt seiner Argumentation nicht.

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Nach 45 Minuten war der Prozessauftakt zur ersten Zivilklage im Loveparade-Verfahren am Dienstag in Duisburg vorbei. Eine endgültige Entscheidung gibt es am 5. Oktober. Für das Gericht ist es ziemlich eindeutig, dass der klagende Feuerwehrmann keinen Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld hat.
Begründet wird die Haltung des Gerichts mit dem Berufsrisiko des Feuerwehrmannes und damit, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang gebe zwischen dem „schädigenden Ereignis“ und seiner posttraumatischen Belastungsstörung, so der Vorsitzende Richter.
Der 53-jährige Feuerwehrmann Ralf S. war in blauen Jeans und Nadelstreifen-Jacket gekommen. Er gab viele Interviews. 25 Jahre arbeitete er für die Feuerwehr Duisburg. Er ist schwerbehindert und lebt nach eigenen Angaben von etwa 1900 Euro Netto-Rente.

Seit jenem 24. Juli 2010 leidet Feuerwehrmann Ralf S. - hier mit seiner Anwältin Bärbel Schönhof - unter posttraumatischen Belastungsstörungen.
Seit jenem 24. Juli 2010 leidet Feuerwehrmann Ralf S. - hier mit seiner Anwältin Bärbel Schönhof - unter posttraumatischen Belastungsstörungen.

© Wolfgang Rattay/Reuters

Ralf S. fordert Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche in Höhe von 90.000 Euro vom Land Nordrhein-Westfalen, von der Veranstalterin "Lopavent" und deren Geschäftsführer Rainer Schaller. Der Vorsitzende Richter Stefan Ulrich zitierte zahlreiche Urteile bis hin zum Bundesgerichtshof. Im konkreten Fall des Duisburger Feuerwehrmannes Ralf S. sieht er kein Recht auf Schadensersatz, weil ein mittelbar Geschädigter keinen Schadensersatzanspruch habe, sonst gebe es "uferlose Ansprüche", so Ulrich.

Es sei tragisch, was auf der Loveparade passiert sei , sagte der Richter. Und es sei auch tragisch, dass der Feuerwehrmann vermutlich einen psychischen Schaden davon getragen habe, aber das sei weder dem Land NRW noch dem Veranstalter zuzurechnen. Ausnahmen gebe es, das wäre zum Beispiel "die Schockstarre naher Angehöriger", so Richter Ulrich.

Ralf S. sitzt merklich nervös auf seinem Platz, eingerahmt von seiner Rechtsanwältin und einem Mitarbeiter der Kanzlei. Mehrfach diskutiert er mit dem Vorsitzenden Richter, dessen Haltung er nicht versteht. Er sei bei seinem Einsatz als Retter von der Menge bedrängt worden, sagt er. Zu dem Zeitpunkt habe es bereits erste Tote gegeben. "So was Schlimmes habe ich noch nie erlebt." Später sei er dann an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt.

Der Anwalt des beklagten Landes hält die Forderungen des Feuerwehrmannes für ungerechtfertigt. Es habe keine Fehler von beteiligten Polizeibeamten gegeben. Auch der Anwalt des Veranstalters weist jede Schuld zurück. Sagte zudem, dass der betroffene Feuerwehrmann zum Zeitpunkt des Unglücks noch auf der Feuerwache gewesen sei. Erst anschließend sei er zum Tunnel gefahren und wegen der Menschenmassen nicht mehr hinein gekommen.

Die Anwältin des Feuerwehrmannes kündigte an, wenn die Klage keinen Erfolg habe, in weitere Instanzen zu gehen. Ralf S. sprach dabei auch vom Europäischen Gerichtshof. Trotz des großen Medieninteresses war der Gerichtssaal mit 100 Plätzen nicht ganz voll.

Insgesamt sind im Zusammenhang mit der Loveparade-Katastrophe 19 Zivilverfahren anhängig. Nach Angaben des Landgerichts handelt es sich überwiegend um Klagen von Besuchern, in einem Verfahren ist ein Ordner beteiligt. Alle Kläger geben an, nach der Katastrophe an einer posttraumatischen Belastungsstörung erkrankt zu sein.

Stephanie Hajdamowicz

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