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Luftverkehr: Eyjafjalla qualmt weiter – Europa fliegt

Die Situation im europäischen Luftverkehr hat sich nach der Lockerung des Flugverbots gebessert. In Deutschland starteten mehrere hundert Maschinen mit Sondergenehmigungen für Sichtflüge. Offiziell ist der deutsche Luftraum allerdings bis mindestens Mittwochfrüh gesperrt. Lediglich in Hamburg und Bremen wurde der Flugbetrieb zwischen Dienstag 23 Uhr und Mittwoch acht Uhr komplett freigegeben.

Die Situation im Luftverkehr hat sich nach der Lockerung des Flugverbots in weiten Teilen Europas am Dienstag deutlich gebessert. In Deutschland starteten mehrere hundert Maschinen mit Sondergenehmigungen für Sichtflüge. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) rechnete mit 700 bis 800 Flügen. Dies entspreche etwa sieben Prozent des normalen Verkehrsaufkommens, sagte ein Sprecher der DFS. Die Touristikkonzerne wollten im Laufe des Dienstages zehntausende deutsche Passagiere nach Hause bringen. Experten schätzen, dass noch immer 300 000 Deutsche im Ausland festsitzen.

Offiziell ist der deutsche Luftraum allerdings bis mindestens zwei Uhr am Mittwoch gesperrt. Lediglich in Hamburg und Bremen wurde der Flugbetrieb zwischen Dienstag 23 Uhr und Mittwoch acht Uhr komplett freigegeben. Die größte deutsche Linie Lufthansa wollte am Dienstag mehr als 200 Flüge abwickeln. Normalerweise bietet sie 1800 Flüge pro Tag an. Bei Air Berlin, der zweitgrößten Fluggesellschaft, seien die Maschinen am Dienstag wieder fast wie im normalen Betrieb gestartet, sagte Vorstandschef Joachim Hunold. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa konnten die Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt bei ihrem Forschungsflug am Montag Vulkanasche-Wolken in unterschiedlicher Ausdehnung und Konzentration über Deutschland nachweisen. Offiziell wurden die Ergebnisse bisher nicht veröffentlicht.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) verteidigte am Dienstag in einer Sitzung des Verkehrsausschusses des Bundestages sein Krisenmanagement. Die Flugausfälle wegen Vulkanasche seien ein neues Phänomen, dennoch gebe es „ein ganz klares internationales Regelwerk für solche Vorfälle“, sagte der Minister. So erkläre sich auch, dass es Fluggesellschaften erlaubt sei, auf Sicht zu fliegen, während sonst das Flugverbot aufrechterhalten werde. Ramsauer betonte, die Sicherheit der Fluggäste habe für ihn oberste Priorität. „Ich werde nicht verantworten, was ich nicht selbst als Passagier machen würde“, sagte er. Am heutigen Mittwoch will Ramsauer eine Regierungserklärung zum Flugchaos abgeben. Für einen späteren Zeitpunkt kündigte er einen Runden Tisch aller Beteiligten an, um aus dem derzeitigen Krisenmanagement zu lernen.

Nachtflugverbot für Tegel zwischen 23 und sechs Uhr aufgehoben

Der Minister war in den vergangenen Tagen von verschiedenen Seiten kritisiert worden. Fluggesellschaften wie Lufthansa und Air Berlin halten die Flugverbote für unnötig, die Pilotenvereinigung Cockpit hingegen stuft die nun freigegebenen Sichtflüge als gefährlich ein. Bei den sogenannten kontrollierten Sichtflügen durchfliegen die Maschinen auch durch Asche verschmutzte Luftschichten. Die Verantwortung für die Flüge liegt allerdings bei den Fluggesellschaften und den einzelnen Piloten und nicht bei der Flugsicherung. Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg sprach von einer „juristischen Winkelkonstruktion“, bei der die Verantwortung voll auf die Piloten abgeschoben werde.

Die Berliner Behörden hoben wegen des Flugchaos das Nachtflugverbot zwischen 23 und sechs Uhr für Tegel auf. Dabei sei aber für jeden einzelnen Flug ein Antrag durch die Fluggesellschaft notwendig, sagte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). In ganz Europa sollten nach Angaben der Flugsicherung Eurocontrol am Dienstag 14.000 Flüge starten und landen, rund die Hälfte des normalen Betriebs. Auch Großbritannien gab am Dienstagabend seinen Luftraum wieder frei. Polen kündigte dies für Mittwoch an. In der Flug- und Reisebranche wird angesichts der finanziellen Schäden erwogen, die Bundesregierung um Staatshilfe zu bitten. Den deutschen volkswirtschaftlichen Schaden durch das Flugverbot schätzt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) auf etwa eine Milliarde Euro täglich. BMW teilte mit, wegen fehlender Elektronikbauteile müssten drei deutsche Werke die Produktion unterbrechen.

Widersprüchliche Meldungen kamen am Dienstag vom Auslöser des Chaos. Während das Meteorologische Institut in Reykjavik mitteilte, dass der Eyjafjalla-Vulkan fast nur noch Lava und Wasserdampf ausstoße, sagten Seismologen in der isländischen Hauptstadt, Asche steige unvermindert auf, eine neue Wolke sei unterwegs. Wie sehr dies Europa betreffen werde, hänge vom Windgeschehen ab. In höheren Lagen des Südschwarzwaldes und des Oberrheingrabens wurden am Montag indes deutlich erhöhte Feinstaubwerte gemessen, die offenbar von Vulkanasche verursacht wurden. Dies teilte die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz in Baden-Württemberg mit.

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