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Märchenhochzeit: Die Drachenkönigin von Bhutan

Im Himalaya-Königreich Bhutan hat der "Drachenkönig" Jigme Khesar Namgyel Wangchuck geheiratet. Ganz wie im Märchen und noch dazu seine Jugendliebe, die 21-jährige bürgerliche Pilotentochter Jetsun Pema.

Als er seiner in goldene Gewänder gehüllten Braut die Krone aus Seidenbrokat aufsetzt, huscht für einen Moment ein Strahlen über sein Gesicht, das mehr verrät als alle Worte. Beruhigend fasst er sie nochmals kurz an die Schultern, während sie sichtlich nervös und ernst zu Boden blickt und die Mönche feierlich singen. Das „Land des Donnerdrachens“, wie das kleine Himalaja-Königreich Bhutan auch genannt wird, hat eine neue Königin. In einer farbenprächtigen Zeremonie heiratete der junge „Drachenkönig“ Jigme Khesar Namgyel Wangchuck am Donnerstag seine Jugendliebe, die 21-jährige bürgerliche Pilotentochter Jetsun Pema. Und der 31-jährige platzte beinahe vor Freude. „Ich bin so glücklich. Ich habe so lange auf diesen Tag gewartet“, schwärmte er. „Sie ist ein wundervoller Mensch.“

Es war eine Märchenhochzeit wie aus dem Bilderbuch – und die Heirat des Jahres in Asien. Immerhin galt Jigme Khesar als begehrtester Junggeselle der Region. Über zwei Stunden dauerte die Trauung nach buddhistischem Ritual, die um 8 Uhr 20 Uhr begann, weil dies, wie von den Hofastrologen errechnet, die „glücksbringende“ Zeit war. Als der Morgennebel sich lichtete, schritt die schöne Braut, angeführt von einem weißen Pferd und begleitet von Verwandten sowie religiösen und politischen Würdenträgern, über eine hölzerne Brücke zur im 17. Jahrhundert erbauten Klosterfestung Punakha, die als heiligste Stätte des Landes gilt und auch „Palast des Glücks“ heißt.

Die tiefen Gesänge der Mönche und der Klang von Trommeln und Trompeten hallten durch das Tal, das rund 70 Kilometer nordöstlich von der Hauptstadt Thimphu liegt. Elefanten-Kälber standen am Eingang Spalier, um die Braut und ihr Gefolge zu empfangen. Tausende Bewohner aus umliegenden Dörfern waren gekommen, um einen Blick auf das Paar zu erhaschen. Der Bräutigam, der 2008 den Thron bestiegen hatte, trug die historische Rabenkrone der Wangchuk-Dynastie. Sein Vater Jigme Singye Wangchuck überreichte der Braut fünf Schals, die Segenswünsche symbolisierten. Dann kniete Jetsun Pema dreimal vor ihrem künftigen Gatten nieder, bevor sie gemeinsam den Kelch mit Ambrosia, dem heiligen Nektar, hielten. Mit einem Schluck aus dem Krug besiegelte Jigme Khesar den Bund fürs Leben und krönte sie dann zur Königin.

Viele Zuschauer hatten Tränen der Rührung in den Augen, als die frisch gebackene Königin aus dem Volk den Sitz neben ihrem Mann einnahm. Angesichts der Armut des Landes hatte der junge König die Feier bewusst einfach gehalten. So waren internationale Staatsgäste oder gekrönte Häupter anderer Länder nicht eingeladen. Aber fast das ganze Land freute sich mit den Liebenden. Hunderttausende klebten vor dem Fernsehen, das die Feier live übertrug, auch im Ausland wurden Bilder gezeigt. Drei nationale Feiertage wurden ausgerufen. Allerorten schmücken riesige Poster des Brautpaares Straßen und Häuser. 1500 Gäste nahmen an der Hochzeit teil. Selbst in entfernten Dörfern wurde die Hochzeit gefeiert. Schulkinder schrieben Gedichte, um die Braut zu preisen, die wie „der Mond, eine schöne Halbgöttin und Lotusblüte“ sei.

Lesen Sie auf der nächsten Seite wie es sich im Zwergstaat Bhutan lebt.

Bereits seit Monaten hatte Bhutan diesem Tag entgegengefiebert. Jigme Khesar ist der jüngste König der Welt und ebenso wie sein Vater überaus beliebt im Volk. Seine Heirat dürfte unzähligen Mädchen in Asien das Herz gebrochen haben. Bevor er im Mai seine Verlobung bekannt gegeben hatte, galt der gut aussehende und liebenswürdige Oxford-Absolvent mit der Elvis-Tolle als begehrtester Junggeselle Asiens und wahrer Mädchenschwarm. Auf Staatsbesuchen war „Prince Charming“ bisweilen wie ein Popstar bejubelt worden. Bhutan, das eine konstitutionelle Monarchie hat und etwa so groß wie die Schweiz ist, wird bereits seit über 100 Jahren von der Wangchuck-Dynastie regiert.

Der Zwergstaat, der an China und Indien grenzt, wirkt immer noch ein wenig wie ein verwunschenes Märchenland. Jigme Khesar, der auch „K5“ genannt wird, weil er der fünfte „Drachenkönig“ ist, hatte 2008 den Thron bestiegen und folgt der Politik seines Vaters, der das Land behutsam auf Reformkurs steuerte. Der alte König erfand das „Bruttoglücksprodukt“ als Maßstab des Wohlstandes, das neben der Wirtschaftskraft auch Umwelt und spirituelles Wohlbefinden einbezieht. Erstmals durften die Bhutaner im Jahr 2008 wählen. Die Wahl geriet zu einem Vertrauensbeweis für das Königshaus – die königsnahe Partei DPT siegte mit großer Mehrheit.

Allerdings hat auch Bhutan seine Schattenseiten. Zwar leben 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen in dem Zwergstaat. Aber nur knapp 700 000 gelten als „echte“ Bhutaner. Die anderen sind Migranten aus Nepal oder Gastarbeiter aus Indien und werden oft wie Bürger zweiter Klasse behandelt. Es sei „großartig“ verheiratet zu sein, schwärmte Jigme Khesar nach der Zeremonie. Er teilt mit seiner jungen Ehefrau die Liebe zur Kunst und zum Sport. Anders als sein Vater, der 1988 vier Schwestern gleichzeitig ehelichte, will Jigme Khesar es bei einer Ehefrau belassen.

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